Wir grasen einfach nur ab
Na, das ist doch mal 'ne klare Ansage eines fröhlichen Bäckerburschen! Der kam neulich im Stern zu Wort.
Die Gesundheitswirtschaft kommt - Gesundheit wird zur Ware, Patienten zu Fällen, Operationen zu Stückkosten: "Wenn ich ein teures Großgerät kaufe, dann muss da alle zehn Minuten ein Fall durchgeschleust werden. Auch der Arzt muss sich, wie in der Industrie, einem Takt einfügen."
Beeindruckend immerhin: ein eine halbe Million Euro teures Großgerät wurde binnen vier Wochen geliefert. Und der Eingangsbereich wurde umgebaut: aus einem muffigen Kabuff wurde eine großzügige Lobby. Das Krankenhaus zahlt für Fortbildungen.
Der Preis?
Aus dem Weihnachtsgeld ist eine Gewinnbeteiligung geworden. mittlerweile stehen dermaßen viele Häuser zum Verkauf, dass die Konzerne in einer komfortablen Position sind. Es ist normal, die Arbeitszeit auf 40 Stunden anzuheben, kein Weihnachtsgeld zu zahlen, kein Urlaubsgeld und auch keine betriebliche Altersversorgung.
Rhön-Großaktionär Eugen Münch hält die Privatisierungswelle für eine "Strafe für ein aus dem Ruder gelaufenes System". "Wir grasen einfach nur ab", sagt er. der Münch will die Patienten zu "Kundenverhalten" erziehen, indem sie für ihre Krankenhausaufenthalte zahlen sollen. "Für manche Leute ist heute eine Herz-OP doch interessanter als ein Mallorca-Urlaub." Ob das sein Aufsichtsratsmitglied, Herr Lauterbach, genau so sieht?
Sind Patienten Kunden?
Hagen Kühn, Leiter der Forschungsgruppe Public Health am Wissenschaftszentrum Berlin, sieht das so: "Ein Kunde ist ein potenzieller Käufer: Er hat die Wahl, kann abwägen, kann gehen, wenn es ihm nicht passt, und er kann warten. Ein Patient ist dagegen leidend, braucht Hilfe, hat oft keine Wahl, kann oft nicht abwägen und auch nicht warten."
In den USA war zu beobachten, dass es in der Expansionsphase immer nett zugeht: wenn ein Klinikkonzern Häuser kaufen will, ist er auf ein positives Image angewiesen.
Erst wenn der Markt aufgeteilt ist, kann man die Gewinne hoch- und den Service herunterfahren.
::: Rhön-Konzern - Kapitalismus im Krankenhaus ::: Stern 7/2007
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