Werte Frau Schmidt,
Sie riefen Ärztevertreter und Krankenkassen dazu auf, diese sollten doch bitte wieder zu erfolgreichen Gesprächen zusammenkommen. Ihr Appell klingt etwas kläglich. Sie spüren langsam, dass Sie kaum noch Chancen haben, von sich selbst und den anderen Urhebern der Misere abzulenken.
Allmählich wird es Zeit, dass Sie sich dafür verantworten, was Sie auf Ihrem gut alimentierten Posten bisher angerichtet haben.
Seit geraumer Zeit werden der ambulanten Medizin jährlich rund 10 Milliarden Euro vorenthalten. Wieso 10 Milliarden Euro? Bekanntermaßen werden mindestens 30% der ärztlichen Arbeit nicht bezahlt. Bei rund 23 Milliarden Jahresbudget (das sind die 70%, die bezahlt werden) ergibt das dann einen Fehlbetrag von mindestens 10 Milliarden.
Wer hat's erfunden? Die Kassenärztliche Bundesvereinigung? Die Krankenkassen?
Keineswegs. Die dürfen sich nur als Erfüllungsgehilfen mit dem von Ihnen und Ihren werten VorgängerInnen ersonnenen Ausverkauf der ambulanten Medizin herumschlagen.
Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Krankenkassen streiten derzeit über die künftige Bezahlung für die niedergelassenen Ärzte. Zu forden sind mindestens besagte 10 Milliarden Euro (ohne Preissteigerungen und dergleichen).
Was macht die KBV? Fordert ursprünglich 4,5 Milliarden. Dann immerhin noch 2,5 Milliarden. Und die Kassen? Bieten 1,4 Milliarden. Das reicht der KBV nicht. Also deutet man an, die Ärzte könnten ja vielleicht mal streiken. Ein Ausstand sei jedenfalls nicht ausgeschlossen.
Ist der KBV-Vorsitzende Köhler ein Revolutionär? Ich kann Sie beruhigen: erstens können Ärzte gar nicht streiken. Sie sind Freiberufler, keine Angestellten. Noch. Zweitens darf Köhler sie nicht mal symbolisch dazu aufrufen. Die KBV ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und im Zweifelsfall dem Ministerium unterstellt. Ruft Köhler ernsthaft zum Streik auf, wird er durch einen Staatskommissar ersetzt. Das will er nicht wirklich. 260.000 Euro brutto sind schließlich nicht zu verachten. Außerdem: Ein Streik ist kein Mittel, um die Bewertung ärztlicher Tätigkeit voranzubringen. Das meint immerhin Herr Vater vom Gesundheitsministerium. Der muss es wissen.
Na ja, vielleicht glaubt Köhler, dass andere den Streik für ihn organisieren.
Unabhängig davon hat die Erwähnung des Wortes "Streik" für Aufruhr gesorgt. Jetzt nicht bei den Ärzten. Die arbeiten erst mal stur weiter. Aber bei den Kassen:
Johann-Magnus von Stackelberg etwa meinte, ein Ausstand "von Freiberuflern, die im Durchschnitt mehr als 120 000 Euro im Jahr verdienen", sei ein "Unding".
Einschub: Herr von Stackelberg, können wir das mal eben nachrechnen? Das Jahresbudget für 145.000 Kassenärzte beträgt 23 Milliarden Euro? So weit korrekt? Budget geteilt durch Ärzte macht: 158.126 Euro. Umsatz, nicht Verdienst. Bei Kosten von im Durchschnitt 50% bleiben 79.310 Euro übrig. Sie Schlawiner! Wollen Sie etwa davon ablenken?
Genug der Worte. Wir lassen Taten folgen. Kein Ministeriumssprecher (und schon gar keine Ministerin) wird sich noch wie ein Heckenschütze verstecken können, wenn wir erst auf die Straße gehen.
Demnächst sind Wahlen. Bis dahin werden sie keine ruhige Minute mehr haben. Versprochen.
(1) Schmidt will nicht eingreifen; Apotheke adhoc 10.8.2008)
"Jetzt hat man Ihnen schon 10% mehr Honorar versprochen, also seien Sie gefälligst still und arbeiten Sie mehr und mit besserer Qualität." So ähnlich lauten die offiziellen Kommentare zum Schlichterspruch vom 28.8.2008. Dabei war
Aufgenommen: Sep 07, 17:07