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Wahnsinnswoche 2019:28

In dieser Woche 161 Patientenkontakte und 21 Terminausfälle. Bis Mitte September bin ich ausgebucht. Kurzfristige Folgetermine habe ich also nicht im Angebot. Der Massenandrang der ersten Woche nach dem Urlaub ist gottseidank etwas abgeklungen...


Gucken Sie sich mal den Kiesler-Kreis an. Kann bei schwierigen Begegnungen ganz hilfreich sein. Kontext: chronische Depression (pdf). Und: Wellenreiten für chronisch Depressive.


Der Fresenius-Konzern verlangt Zugriff auf die digitalen Kalender von Ärzten und wittert dabei einen zweistelligen Milliarden-Umsatz. Nein, danke.


Nach einer Umfrage des an internationalem Datenaustausch interessierten Branchenverbandes bitkom würden gern 41% der Patienten per WhatsApp mit dem Arzt kommunizieren. Halte ich angesichts des Datenhungers von WhatsApp bzw. face-"Es gibt keine Privatsphäre"-book nicht wirklich für eine gute Idee... Sie können aber gern über verschlüsselte Mails mit mir kommunizieren.


Mit dem am 10.7.2019 durchgewinkten Schöne-Worte-Gesetz (Digitale-Versorgung-Gesetz - DVG) soll ich bald Apps verschreiben dürfen. Die AOK befürchtet jetzt ein schlimmes Kostenrisiko, während nach Knieps (ex Gesundheitsministerium) die BKKen "zielgenauer beraten und Finanzmittel einsetzen, um passende, digitale Tools zu entwickeln"...


Der Industrielobbyist bvitg möchte unbegrenzten Zugang zu Ihren Daten. Um "marktschädigende Informationsasymmetrien" zu vermeiden befürwortet der bvitg eine "Open-Data-Strategie", die Krankenkassen dazu verpflichtet, auf Basis ausgewerteter Versicherten- und Versorgungsdaten gewonnene Erkenntnisse der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Unternehmen der Gesundheits-IT sollten die Daten anonymisiert verkaufen nutzen können.

Tino Sorge (CDU/CSU) sieht die enge Einbeziehung führender Experten aus Wirtschaft und Forschung als Schlüssel zum Erfolg  -der  Digitalisierung unseres Gesundheitswesens.

Bitte lassen Sie sich schnell digitalisieren, damit sich die im Aufbau befindliche Künstliche Intelligenz Ihrer bemächtigen kann. Ich habe schon angefangen, mir einen Avatar zu basteln, mit dem Sie dann künftig via Blockchain in der Cloud agiles Storytelling mit Scrum-Mastern pflegen können. Fnord!


Soulfood: Camellia vs Akira Complex - Reality Distortion

Wahnsinnswoche 2019:20

In dieser Woche 172 Patientenkontakte und 20 Terminausfälle. Der Terminkalender ist bis zu meinem Urlaub (3.-21.6.2019) randvoll, und der August ist auch schon ausgebucht. Kurzfristige Folgetermine habe ich daher leider nicht im Angebot.


Alkohol: Selbsthilfe in Wuppertal.


Ich lasse mich ja vorläufig nicht an die Telematik-Infrastruktur anschließen, weil ich dadurch keinen Gegenwert erhalte und obendrein noch unkalkulierbare Sicherheitslücken in mein System einpflanzen lassen würde. Rechne ich die laufenden Kosten dagegen, komme ich mit einem Prozent Honorarabzug ab 1.7. auch noch billiger weg.

Gesundheitsminister Spahn (CDU) möchte meine Motivation zum Zwangsanschluss künftig mit noch höheren Strafzahlungen fördern. Angeblich soll er mit über 2,5 Prozent Honorarabzug (paywall) ab 2020 liebäugeln.

So besser nicht, Spahn. Ich muss nämlich nicht zwingend als Vertragsarzt weiterarbeiten... Sieh zu, wo Du die dringend benötigten Termine auftreibst, wenn ich Dir sage, was Du mit Deiner TI machen kannst. Vielleicht drehe ich Dir mal das Wort im Mund herum:

"Der Patient von morgen wird immer noch einen Arzt brauchen. Aber er wird keinen Gesundheitsminister mehr ernstnehmen, der die schützenswerten Daten dieses Patienten zwangsweise in die Cloud hochladen und gleichzeitig gesetzliche Kassen in riskanten Finanzabenteuern mit Beitragsgeldern an der Entwicklung digitaler Innovationen beteiligen will."

Interessanterweise wird Herr Spahn von Franz Knieps heftig kritisiert. Nicht wegen seiner Datenreichtümer - die findet Franz "Vom-Payer-Zum-Player" Knieps nämlich auch ganz toll (paywall). Können Sie sich noch an den erinnern? An den einflussreichsten Lobbyisten der AOK, seinerzeit undercover im Gesundheitsministerium unter Frau Schmidt?

Knieps hält nichts von den Alleingängen des Herrn Spahn: "Davon halte ich nichts." "Ich halte die Methode, die Jens Spahn bei seinem Terminservice- und Versorgungsgesetz praktiziert hat, für rechtsstaatlich bedenklich. Legitimation ergibt sich aus dem Verfahren. Ist es anrüchig und voller Tricksereien, steht auch die Legitimität des Ergebnisses in Frage." So so. Bei seiner damaligen Chefin haben ihn Tricksereien allerdings weniger gestört [1].


Diese elenden, vermaledeiten Freud'schen Verschreiber aber auch! Heute: die DRV fordert einen Befundbericht mit den folgenden Worten an:

 


Und dann noch das hier:

 


Zum Schluss ein anonym eingesandtes Foto. Es zeigt die Situation vor der Praxis zu Beginn einer typischen Notfallsprechstunde am Donnerstag:

 

Wahnsinnswoche 2017:13

In dieser Woche 169 Patientenkontakte und 12 Terminausfälle.


Montag: Das Quartalsbudget für Kassenpatienten war voll. Diese Woche habe ich also nur noch ehrenamtlich gearbeitet.


Fühlen Sie sich wertlos und deprimiert? Schauen Sie mal genauer hin...


Anlässlich des Gründungsdatums der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 1948 findet jährlich am 7. April der Weltgesundheitstag statt. Das Thema für 2017 lautet "Depression - Let’s talk". Kontext: [1]


Was für ein Jubel: Die Suche nach Psychotherapeuten wird jetzt viel schneller. Länger als vier Wochen soll kein Patient mehr auf den Termin bei einem Psychotherapeuten warten müssen. Details (pdf) der Strukturreform der ambulanten Psychotherapie.

Ist leider nur planwirtschaftliches Wunschdenken. Es wird nicht mehr Psychotherapeuten geben, und die Nachfrage übersteigt das Angebot jetzt schon um ein Vielfaches.

Dazu kommt noch der unglückliche Umstand, dass die neuen Leistungen schlechter bezahlt werden, als die genehmigungspflichtige Psychotherapie: 25 Minuten für nur 42,75 Euro statt 44,28 Euro. Falls jemand in ökonomischen Dimensionen denkt: das ist definitiv kein Anreiz, eine solche Sprechstunde anzubieten.

Entsprechend verstimmt sind die KBV ("Krankenkassen torpedieren neue Angebote – zum Nachteil der eigenen Versicherten"), die DGPT (pdf), und die BPtK ("Ein neuer Gipfel versorgungspolitischer Voreingenommenheit").

Der BKK Dachverband (hier: Franz Knieps) bezeichnet die Kritik dagegen als "Fake News einzelner Lobbygruppen": "Es stimmt nicht, dass die einzelne Leistung nunmehr schlechter bezahlt wird - pro Gesprächsminute mit dem Patienten werden die neuen Leistungen genauso gut vergütet wie bisherige Therapiesitzungen. Einziger Unterschied: Da der Therapeut den Patienten noch nicht kennt, benötigt er für diese Sprechstunde, anders als bei Stammpatienten, keine gesonderte Vorbereitungszeit." Man sieht, der Mann kennt sich aus mit der Versorgungsrealität Desinformation. (Der Knieps hat übrigens früher schon ziemliche Böcke geschossen und gezündelt und selbst als Lobbyist Fake News verbreitet...)


Übrigens: da ich eine psychiatrische und keine psychotherapeutische Praxis betreibe, wird sich an meinem Komfortangebot nichts ändern: Sie können im Notfall einfach weiter in die offene Sprechstunde kommen.


Sometime during the last quarter of 2016, the history of the world underwent a macroscopic quantum tunneling event, creating, according to the Many Worlds Interpretation, a new branch of the multiverse in which we are now trapped. The failure of much political polling is then understood by assuming that the particular branch we are on had very low amplitude in the quantum wave function of the multiverse. In this view, one must take a different attitude towards alternative facts than that proposed by the mainstream media.


Soulfood: One Shot - Ewaz vader.


Wahnsinn in den Medien: in dieser Woche 13x Sport, 7x Kunst, 3x Politik, 1x Straßenverkehr, 1x Aktien, 1x Abitur, 1x Helene Fischer, 1x Rihanna, 1x Handytarife. In der Stichprobe (N=30) diese Woche kein einziger Treffer im richtigen Kontext.

Lobbyisten kommen und gehen

Aktuell wird Gesundheitsminister Rösler typische Klientelpolitik vorgeworfen, mit der er die "Privatisierung der GKV" einzuleiten gedenke.

Dabei löst der von Rösler ernannte PKV-Mensch doch nur einen anderen Lobbyisten ab: Herrn Knieps. Der saß jahrelang als AOK-Lobbyist im Ministerium, ohne, dass sich jemand merklich darüber echauffiert hätte.

So what?

Die Heilung des Gesundheitssystems

Wir geben heute fast 50% mehr für die Gesundheitsversorgung aus, als das nächstbilligere Land. Und trotzdem ist die Qualität unserer Gesundheitsversorgung oft schlechter, und wir sind nicht gesünder. Tatsächlich leben Menschen in Staaten, die weniger für die Gesundheitsversorgung ausgeben, sogar länger als wir.

Unser überteuertes Gesundheitssystem macht Ärzte unzufrieden, die 20% ihrer Arbeitszeit darauf  verschwenden, Patienten über Versicherungsbedingungen aufzuklären, Antragsformulare auszufüllen und Bittbriefe zu schreiben, und die deswegen immer weniger Zeit haben, sich tatsächlich um ihre Patienten zu kümmern.

Wir brauchen dringend eine Reform.

Zunächst müssen wir elektronische Patientenakten einführen. Das macht die Patientenversorgung effizienter und sicherer.

Dann müssen wir in die Prävention investieren, damit Krankheiten gar nicht erst entstehen, und damit die Versicherungsbeiträge sinken können.

Ausserdem brauchen wir Pauschalvergütungen statt Einzelleistungsvergütungen für Ärzte, damit diese nicht immer mehr Behandlungen, sondern eine bessere, ganzheitliche Versorgung anbieten. Wir müssen die hausärztliche Versorgung stärken.
Unabhängige Institute müssen für uns qualitätsgesicherte, evidenzbasierte Leitlinien erarbeiten, um unsere Sparbemühungen zu unterstützen.

Na, wer hat das im Juni 2009 gesagt? Frau Schmidt? Herr Knieps? Frau Merkel? Herr Hoppe? Andere Vorschläge?

Sie werden lachen... wenn Sie hier mal klicken wollen.

via

Morbide Gruppenbildung

Seit Jahren werden wir Ärzte von unserer eigentlichen Tätigkeit entfremdet und, unter anderem, zu Codierern umgeschult. Mit jeder Quartalsabrechnung werden die Diagnosen unserer Patienten in fünfstelligem, maschinenlesbarem Code über die Kassenärztlichen Vereinigungen an die kranken Kassen gemeldet, damit diese unsere Patienten in für sie (die Kassen) Gewinn bringende "Morbiditätsgruppen" einsortieren können - der Gesundheitsfonds macht's möglich.

Jetzt ist einigen Kassen aufgefallen, dass ihnen die gelieferten Diagnosen zu billig erscheinen, und sie fordern uns Ärzte diskret, aber mit einem Umschlag voller Bargeld, dazu auf, unbillige Diagnosen zu codieren. Eine Depression“ ist eben lukrativer als eine "psychische Verstimmung“. Im Handelsblatt vom 3.2.2009 heisst es beispielsweise:

Die AOK Niedersachsen hat dafür bereits 500 000 Euro gezahlt.

Die Deutsche BKK ist etwas weniger diskret. Sie fordert ultimativ dazu auf, Verordnungen und Diagnosen aus dem Jahr 2007 noch einmal zu überprüfen und erinnert drohend an „eventuelle Schwerigkeiten im Zusammenhang mit zukünftigen Wirtschaftlichkeitsprüfungen“, die durch eine der Kasse unpassend erscheinende Diagnosecodierung auf die Mediziner zukommen könnten.

"Rightcoding" nennt man so etwas wohl im Neusprech, während das andere vielleicht "Anreizsystem" genannt wird?

Aber - könnte das freihändige Jonglieren mit Diagnosen vielleicht den Patienten schaden? Franz Knieps vom Bundesgesundheitsministerium beruhigt:

"Ja, das weiß man eben noch nicht. Entsprechende Sachverhalte haben wir nicht."

Wundert mich nicht. Erstens wissen die ohnehin selten, was tatsächlich passiert, und zweitens haben die Rightcoder ihr Werk ja auch gerade erst begonnen. Über die Folgen werden wir dann in einem halben Jahr "Sachverhalte haben". Vorsichtshalber pfeifen das Gesundheitsministerium und das BVA erst mal ganz laut in ihrem eigenen, sehr dunklen Wald.

Ende der Einzelpraxis zum 1.1.2009

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in der Anlage die Presserklärung der KV Nordrhein zur Information.

Als Mitunterzeichner der Resolution möchte ich zur Hintergrundinformation folgendes ergänzen: Der Vorstand der KV Nordrhein stand in Verhandlung zur Umsetzung des erweiterten Bewertungsbeschlusses vom 23.10.2008 auf regionaler Ebene und hatte bereits in den Augen des Vorstandes im Vergleich zu anderen KV-Regionen ein respektables Ergebnis (Vergütung ambulantes Operieren) verhandelt, als eine Anordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 3.11.2008 dies außer Kraft setzte.

Herr Knieps genehmigte im Namen der Bundesministerin zwar den Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses darin, stellte aber unmissverständlich fest, dass Sonderverträge aus der 3% Rücklage zu finanzieren seien.

Damit ist die pressewirksam verkündete Erhöhung der ärztlichen Honorare endgültig zur reinen Mogelpackung geoutet worden. Der Vorstand sah unter diesen Bedingungen keine Möglichkeit mehr die Vertragsverhandlungen mit den Kassen, die jetzt mit einer Stimme sprechen, fortzusetzen. Der Gang zum Schiedsamt soll jetzt mit der Forderung angetreten werden, einen regionalen Punktwert mit 3,8 Cent anstatt 3,5 Cent zu erreichen, um die Benachteiligung von Nordrhein im Vergleich zu anderen Kven auf Grund der bisherigen Individualbudgetregelung auszugleichen.

Dieser Erlass des BMG hat u.a. die Folge, dass eine Ausweitung der ambulanten Psychotherapie, die auf Grund der Zeitbudgets noch einen Spielraum von derzeit genutzten 55% hat, genauso zur Ausweitung des Vorwegabzuges (Reduzierung des für die Regelversorgung zur Verfügung stehenden Betrages des Regelleistungsvolumens) wie ein Anstieg der Dialysesachkosten, Akupunktur etc führen wird. Mit anderen Worten, es dürfte ab 1. Januar 2009 für Praxen, die sich ausschließlich oder zum größten Teil über das RLV finanzieren, nicht mehr möglich sein, ihr bisheriges Leistungsangebot aufrechtzuerhalten (um nicht zu sagen: die Insolvenz zu beantragen).

Dass dies gewollt ist, zeigt die Stellungnahme von Frau Bundesministerin Schmidt auf der JHV des Marburger Bundes: die Patienten wollten die Versorgung durch den Hausarzt einerseits und den Spezialisten in der Klinik andererseits, womit sie klarstellt, dass für sie die fachärztliche Versorgung vor Ort endgültig vor dem Aus steht, was durch die o.g. Anordnung dann auch Wirklichkeit wird. Dies wird zusätzlich durch den Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses unterstützt, wo unter 4. Berechnung des arzt- und praxisbezogenen RLV Arzt = arztgruppenspezifischer Fachwert x Anzahl kurativ-ambulanter Arztfälle (nicht Behandlungsfälle) des Vorquartals festgehalten ist. Dies heißt für ein MVZ, dass ein Patient zu mehreren Arztfällen führen wird (ein Arzt begrüßt, ein Arzt untersucht, ein dritter bespricht die Behandlung; beim nächsten Besuch ist selbstverständlich ein weiterer Kollege der Ansprechpartner), eine Senkung der Kosten für dieses MVZ mit dem eine Einzelpraxis nicht mehr konkurrieren kann. Der 10% Aufschlag für GP und MVZ erscheint in diesem Zusammenhang aus meiner Sicht von geringerer Bedeutung.

Anfragen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung bleiben in diesem Zusammenhang zunehmend unbeantwortet, werden an die regionalen Kven „das muss regional gelöst werden“ zurückgewiesen, Berechungs-Unstimmigkeiten, die nahelegen, dass mit 2006er Zahlen gerechnet worden ist, werden nicht klargestellt.

Fazit: Wer jetzt noch denkt, innerhalb dieses Systems sei ein Überleben der Praxis möglich, hat entweder sein Einkommen so geregelt, dass der Anteil des RLV nur einen Basisbetrag darstellt oder wacht erst dann aus seinen Träumen aus, wenn der Insolvenzverwalter bestellt ist.

Ich spreche natürlich in erster Linie aus fachärztlicher Sicht. Für hausärztliche Kollegen empfehle ich aber dringend den AOK-Hausarztvertrag im Detail anzuschauen, er stellt eine Blankovollmacht für künftige Veränderungen dar, die einer Auslieferung an die AOK gleichkommt.

Meine persönliche Schlussfolgerung: Die Lösung dieses Problems kann nur politisch erfolgen. Unsere österreichischen Kollegen haben in einer politisch brisanten Situation durch Schließung der Praxen den Parteien und der Bevölkerung klargemacht, dass sie nicht bereit waren, diese arglistige Täuschung der Bevölkerung weiter mitzutragen. Ich meine, wenn wir jetzt keine Solidarisierung über alle Partikularinteressen hinweg in der Ärzteschaft erreichen, ist die Freiberuflichkeit endgültig zu Grabe getragen ab 1.1.2009.

Spätestens zum 30.11.2008 liegen die persönlichen RLV vor, am 29.11.2008 ist öffentliche Vertreterversammlung der KVNo in Düsseldorf. Ich denke, dies ist zeitlich eine gute Möglichkeit den Startschuss für eine solidarische, gemeinsame, politisch eindeutige Aktion zu geben, die solange durchgeführt werden muss, bis der Öffentlichkeit und der Politik klar ist, dass die Ärzteschaft in Deutschland nicht mitmacht, die Errungenschaften des bisherigen Gesundheitssystem in Deutschland vor die Wand zu fahren.

Mit herzlichen Grüßen Ihr Dr. Rolf Peters

Was derzeit wirklich passiert

Ich bin 38 Jahre alt und Allgemeinarzt mit einer gut gehenden Hausarztpraxis in Neuötting, Oberbayern, geistig gesund und ein völlig normaler Bürger mit einer Lebensgefährtin und einem 15 Monate altem Sohn, bin seit 12 Jahren Gemeinderat und seit sechs Jahren Kreisrat der CSU, einer Partei, die sicherlich weit entfernt ist vom Ruf, linkspolitische und revolutionäre Gedanken zu pflegen. Es ist nicht meine Aufgabe, solche Texte zu schreiben und es gibt in Deutschland Tausende, die dies besser, packender und erheblich vollständiger schaffen und wenigstens einer von denen sollte das auch tun.

Ich bin von tiefstem Herzen Demokrat und, wie mir in den letzten Tagen bewusst geworden ist, ein hoffnungsloser Idealist. Ich habe nicht mehr gemacht, als mir selbst die Frage zu beantworten, warum wir niedergelassenen Ärzte, Hausärzte und Fachärzte aussterben sollen, obwohl sich an der Charakteristik unseres Berufes und der Faszination für die nachfolgende Generation nichts geändert hat; der Wunsch dazu kam mit Sicherheit nicht aus der Bevölkerung, nicht von unseren Patienten. Dass wir zu teuer sind, kann man wirklich nicht behaupten und wertlos sind wir erst recht nicht, denn mit jedem Krankenhaustag, den wir durch unsere Arbeit vermeiden können, helfen wir den Krankenkassen sparen.

Am 30.1.2008 haben sich 7000 von 8000 Hausärzten zu einer Protestveranstaltung in Nürnberg getroffen und diese war die größte und eindrucksvollste ihrer Art seit Bestehen der GKV. Keine der großen Boulevardzeitungen brachte meines Wissens einen adäquaten Artikel, keiner der privaten und öffentlich-rechtlichen Sender ging tiefer und nachhaltiger auf diese Veranstaltung ein. Die allermeisten Hausärzte eines der reichsten und größten Bundesländer drohen mit Widerstand und niemanden interessiert es. Nur uns Ärzte, der Rest der Bevölkerung wird außen vor gehalten.

Das machte mich stutzig und ich begann, immer tiefer im Internet nach den Gründen zu suchen, worauf ich stieß, hat meinen Glauben an den Rechtsstaat im Mark erschüttert und erklärt uns allen die Frage, was hier wirklich passiert: Man muss weiter ausholen, spätestens seit der Seehoferreform 1997 wurde uns ja schon klar gesagt, dass die deutsche Bevölkerung immer mehr überaltert, dass die Gesundheitskosten aus dem Ruder laufen sollen und die Bezahlung immer weniger vom Solidarsystem übernommen werden könne. Der Lösungsansatz lag neben den Einsparungen, unter denen sowohl die Krankenhäuser als auch die Niedergelassenen leiden, in der fortschreitenden Privatisierung von Teilen unseres Gesundheitssystems.

"Was derzeit wirklich passiert" vollständig lesen

Das Ende der KBV

Das Bundesgesundheitsministerium will die Reform der vertragsärztlichen Vergütung offenbar lieber selbst umsetzen, weil die Selbstverwaltung - die doch Teil des Staates ist - damit "an ihre Grenzen stoßen" werde. Ärzte und Kassen hätten da zu unterschiedliche Vorstellungen. Der Staatskommissar entscheidet über den Faktor der GOÄ im Basistarif. Und die neue GOÄ schreibt das BMG gleich mit. Laßt den Knieps zündeln. Es hilft uns.

Sie erinnern sich? "Wir erwarten, dass die Ärzte die Patienten für das Geld behandeln, das die Kassen bereit sind zu zahlen". Da sind die Vorstellungen ganz sicher ganz unterschiedlich.

Dezent wird aber eingeräumt, dass der Gesetzgeber politische Macht zurückgewinnen möchte. Fragt sich nur, was diese Macht hinterher noch wert ist.

SELBSTverwaltung heißt SELBSTverwaltung, weil das Bundesgesundheitsministerium alles SELBST MACHT. Ganz offensichtlich auch die Macht selbst.

::: Ärzteblatt 23.2.2007

Das vierfache Honorar

Wenn es nach der Bundesregierung geht, werden viele Arztpraxen "früher oder später" schließen müssen. "Die Zukunft wird Gemeinschaftspraxen, medizinischen Versorgungszentren und Ärztenetzen gehören", so Franz Knieps, Abtelungsleiter im Gesundheitsministerium. Außerdem sollen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte in Zukunft unter den gleichen Rahmenbedingungen arbeiten.

Spiegel Online 29.3.2006

Sollten sich diese Voraussetzungen tatsächlich ändern, würden niedergelassene Psychiater demnächst etwa das vierfache Honorar erhalten. Oder die Institutsambulanzen müssten mit einem Viertel ihrer bisherigen Pauschale auskommen.

Knieps war früher übrigens "Geschäftsführer Politik" des AOK-Bundesverbandes, politischer Berater im DDR-Ministerium für Arbeit und Soziales, und Direktor der DDR-Sozialversicherung.