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Wahnsinnswoche 2022:02

In dieser Woche 180 Patientenkontakte und 19 Terminausfälle.

Sie erreichen mich telefonisch am Montag und am Donnerstag zwischen 14:30 und 15 Uhr. Da ich keine Psychotherapie anbiete und in den nächsten 12-16 Wochen ausgebucht bin, bitte ich von Terminanfragen abzusehen. Wenn Sie in Wuppertal wohnen, können Sie in dringenden Notfällen derzeit noch ohne Terminvereinbarung in die offene Sprechstunde kommen - bei anhaltender Überlastung behalte ich mir aber vor, diesen Service in den nächsten Wochen einzuschränken.


Interessenkonflikte? Ach was. Ein weiterer Profiteur, der unter „Digitalisierungsminister“ Spahn eine höhere Position im Ministerium bekleidete, ist aus dem Bundesgesundheitsministerium zur IT-Industrie gewechselt. Er arbeitet nun für einen Konzern, der vom BMG kürzlich lukrative Aufträge erhielt. (aend 10.1.2022; Paywall): der digitale Impfnachweis wurde von den Unternehmen UBIRCH, IBM Deutschland, govdigital und Bechtle entwickelt.


Wegen angeblich manipulierter Abrechnungen hat die Hamburger Staatsanwaltschaft Anklage gegen mehrere Vorstandsmitglieder der AOK Rheinland/Hamburg erhoben. Es gehe um Untreuevorwürfe zum Nachteil anderer Krankenkassen durch unberechtigte Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds im Rahmen des Morbiditätsorientierten Risikoausgleichs (Morbi-RSA) ("upcoding"). aend 13.1.2022 (paywall)


Bug oder Feature? Near-field-communication-fähige (kontaktlose) eGK der Generation 2.1. scheinen in bestimmten Kartenterminal eines zugelassenen Herstellers eine elektrostatische Entladung zu verursachen. Die Entladung hat zur Folge, dass das Kartenterminal in einen Zustand versetzt wird, der sich nur noch durch einen kompletten Neustart beheben lässt. KBV 14.1.2022

Das Beste daran: das kommt vom Teppichboden. Ich bin hin und weg:

Um elektrostatische Aufladung der eGK zu vermeiden, sollte geprüft werden, ob die eGK vor dem Steckvorgang außerhalb des Kartenterminals entladen werden kann, und in der Einrichtung Umgebungsbedingungen angepasst werden können, die eine elektrostatische Aufladung der Versicherten oder auch der Mitarbeiter begünstigen.

Die E-Rezept-App ist leider nicht Open Source, obwohl die dahinterstehende gematik zu 51 Prozent dem Staat gehört.

E-Rezept: Ein digitales Angebot, das Sie nicht ablehnen können. Netzpolitik.org 16.7.2021


After more than half a century of research, thousands of RCTs and millions of invested funds, the effect sizes of psychotherapies and pharmacotherapies for mental disorders are limited.

The efficacy of psychotherapies and pharmacotherapies for mental disorders in adults: an umbrella review and meta-analytic evaluation of recent meta-analyses. World Psychiatry 11.1.2022


Waren Sie schonmal in Wuppertal? Follow DW’s Lukas Stege to Wuppertal in North Rhine-Westphalia, Germany


Soulfood: Magma dans Ground Control - ARTE Concert

Die ganze Playlist: Soulfood@youtube

Wahnsinnswoche 2020:07

In dieser Woche 146 Patientenkontakte und 11 Terminausfälle. Bis Ende April bin ich ausgebucht. Kurzfristige Folgetermine habe ich also nicht im Angebot.


Haben Krankenkassen Ärzte gegen Vergütung dazu animiert, so zu kodieren, dass die Kassen ihre Zuweisungen aus dem Risikostrukturausgleich damit optimieren konnten? Wäre das dann nicht Bestechung gewesen?


In einer offenen Datenbank waren intime Patientendaten einsehbar.


Depression: KI prognostiziert Therapieerfolg. Kontext.


Gesundheitsdaten. Heiss begehrt und oft geklaut.


Should You Add a Microchip to Your Brain?


Von der Feindmarkierung zur Vernichtung: eine Analyse.


US emergency departments (ED) are turning to telepathy telepsychiatry to fill a critical treatment gap.


Der KBV zufolge ist die Ärzteschaft an allem interessiert, was die Versorgung verbessert und die Arbeitsabläufe erleichtert. Aber Digitalisierung könne nicht so verstanden werden, dass die Ärzteschaft Verwaltungsaufgaben der Krankenkassen erledige.


Soulfood: The Chemical Brothers - Get Yourself High

Die ganze Playlist: Soulfood@youtube

Wahnsinnswoche 2017:28

In dieser Woche 123 Patientenkontakte und 18 Terminausfälle.


Wenn sich ein Smartphone in Ihrer Nähe befindet, verringert sich Ihre kognitive Kapazität - selbst, wenn es ausgeschaltet ist. Dagegen hilft auch kein Gehirntraining.


Selbst moderater Alkoholkonsum erhöht Ihr Risiko für den Verlust von Gehirnzellen im Hippocampus um das Dreifache.


Johanniskraut kann eine Psychose auslösen.


Betrachtungen zur Ursache der Depression.


Nicht alles, was wie eine Depression aussieht, ist auch eine Depression.

Diese Woche zum Beispiel: jemand Anfang Zwanzig kommt mit Überweisung von Hausarzt und deklariert sich wortgewandt und lebhaft als depressiv. Bei Anamneseerhebung kein Hinweis auf depressive Erkrankung, aber auf Kränkung und Enttäuschung nach Trennungserleben. Sowas ist eine verbreitete Reaktion, aber keine Krankheit.

Dann kommt jemand Anfang Zwanzig ohne Überweisung, auf Empfehlung einer Psychotherapeutin, und weiß erst mal gar nicht, warum. Im Kontakt deutlich depressiver Affekt, bei der Anamneseerhebung typisch phasenhafter Verlauf, in der Familienanamnese weitere Depressive. Klarer Fall von Krankheit.

Im ersten Fall biete ich nur die Eingangsdiagnostik und eine kurze Beratung auf Kassenkosten an. Alles Weitere wäre keine Kassenleistung mehr und privat zu bezahlen. Im zweiten Fall handelt es sich um die Behandlung einer Erkrankung, und die ist weiter Kassenleistung.


Lithium hat einige positive Effekte auf Suizidalität und manische Symptome und es wirkt neuroprotektiv. 95% der Menschen. die langfristig mit Lithium behandelt werden, bekommen keine Nierenprobleme. Sie nehmen auch nicht so stark zu, wie unter bestimmten Neuroleptika.


Venlafaxin soll bei übergewichtigen Depressiven besser wirken als Escitalopram oder Sertralin.


Der "Politikchef" der Techniker Krankenkasse (seines Zeichens übrigens Sportlehrer) möchte mit Ihren Daten gern ein weiteres Stück "digitale Solidarität" befördern. Dumm nur, dass die in Krankenhäusern und Praxen nach ICD codierten Diagnosen nicht nur die medizinischen Daten beschreiben, sondern oft auch von ökonomischen Interessen der Kassen verzerrt werden (Stichworte: Diagnosequalität, upcoding, Morbi-RSA). So werden aus big data junk data.


Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds, Marco Trips, fordert im Interview mit dem änd (paywall) tatsächlich allen Ernstes "einen Rechtsanspruch auf einen Arzt innerhalb einer gewissen Entfernung" - natürlich ohne das Ziel, dass jeder Arzt genug Geld verdient (etwa um die Praxis überhaupt führen zu können). Er kann sich daher "ein staatliches Steuerungssystem für Hausärzte vorstellen". Planwirtschaft pur, oder darf man schon von Zwangsarbeit sprechen? Gottseidank betrifft das nur Hausärzte ;-)


Soulfood: The Most Popular Drum Beat In The World.

Wahnsinnswoche 2016:38

In dieser Woche 132 Patientenkontakte und 5 Terminausfälle. Regelleistungsvolumen ist voll: diese und nächste Woche arbeite ich nur noch ehrenamtlich.


Auslassversuch nach mehr als 10 Jahren Depotmedikation? Meinetwegen, aber Vorsicht: auch wenn es sich so anfühlt, als bräuchten Sie das Zeug nicht mehr - "Mir geht's doch ganz gut und die Dämonen sind immer noch da!" - das kann ins Auge gehen. Vor allem, wenn Sie dann ein halbes Jahr später plötzlich anfangen, rituelle Feuer auf ihrem Wohnzimmertisch zu entfachen. Wäre besser gewesen, wenn Sie meinem Vorschlag, doch wieder mit dem Depot anzufangen, gefolgt wären. Dann hätte es wohl kein PsychKG gegeben...


Nein: außerhalb der offenen Sprechstunden können Sie NICHT ohne Termin in die Praxis kommen. Entweder bin ich unterwegs, oder ich habe bereits andere Verpflichtungen.


Captain Obvious: "Ihre Stressreaktion kann ihre Gesundheit langfristig beeinflussen." (Zehn-Jahres-Studie aus Frankreich). Als Anfänger könnten Sie sich eine App besorgen, um sich wieder zu beruhigen. Oder einfach abschalten. SSRI wirken nämlich nicht so gut, wenn Sie dauernd im Stress sind, oder wenn Sie einen attraktiven Job mit hohem Ansehen haben (vielleicht mit viel Stress???). Oder wenn Sie arbeitslos sind. Mann. Das ist vielleicht kompliziert...


Ist die Behandlung von Depressionen einen Euro am Tag wert?


Einige Krankenkassen versuchen, ihre Mitglieder (auf dem Papier) kränker zu machen, als sie eigentlich sind, um dafür Millionen aus dem Risikostrukturausgleich zu kassieren. Heißt "upcoding" und soll knapp eine Milliarde kosten.


Depressiv? Machen Sie Sport. Gehen Sie aus. Besuchen Sie Ihre Familie. Duschen Sie regelmäßig. Erledigen Sie Ihren Haushalt. Wie, das können Sie nicht? Weil Sie ja depressiv sind? Erm... das nennt sich behavioural activation, kurz BA (nein, nicht dieser BA). Wird wohl zurzeit als billige Alternative zur kognitiven Verhaltenstherapie angepriesen, wirkt aber nicht besser als Homöopathie (nein, Homöopathie wirkt auch nicht).


Immer wieder lieb (und teuer): mit der Praxissoftware auf neue Hardware umziehen. Nächtlicher Spaß am Gerät, das im Auslieferungszustand eine alte Betriebssystemversion mitbringt. Die sich nicht updaten lässt. Nach längerem Grübeln: da war doch mal was, neues Updateverfahren oder so. Ging dann mit offline-update.

Next step: wo war nochmal die DVD mit den Office-Programmen? Gibt's als Download. 80% der Einstellungen mit MOBackup übertragen, 20% in Handarbeit und Nachtschicht. Praxissoftware rüberkopieren - läuft. Bis auf die Druckereinstellungen... händisch eingetragen für jedes Formular. Archivsoftware installiert und rüberkopiert - Daten nicht gefunden. Nach längerem Grübeln: die Installationsroutine hat das Verzeichnis verbogen. Korrekt nachinstalliert.

Zuletzt: Faxhardware und -software einrichten. Die Fritzbox soll das können: FritzFax4Fritzbox installiert - läuft. Kommt bloß nix bei der Gegenstelle an... wieder runter damit, alte FritzUSB angehängt. Wird nicht erkannt. Nach längerem Grübeln: bei der Installation händisch AVM Fritz!X USB installieren, CAPI-Treiber installieren, FritzFax installieren (wo war nochmal die Original-CD?). Läuft jetzt.


Absacker zum Feierabend: üble Stimmungsmache gegen Ärzte. Kontext: [1] [2] [3] [4]

Mir ist so langweilig

Immer diese Patientenkontakte. Das ist auf die Dauer zu eintönig. Wie gut, dass meine Funktionäre eine neue Ablenkung für mich ausgedacht haben:

die ambulanten Kodierrichtlinien.

Ab Januar 2011 muss kann ich mich gar nicht mehr mit lästigen Behandlungen herum schlagen. Ich muss kann dann nur noch richtig kodieren.

Ich musste ja schon immer alle Diagnosen nach ICD maschinenlesbar verschlüsseln, damit sie für die Bürokraten besser auszuwerten sind (wegen Morbi-RSA). Die bisherige Praxis genügte denen aber nicht (wahrscheinlich ist ihnen auch langweilig). Seit geraumer Zeit schicken sie Kontrolleure in die Praxen, um den Ärzten das Right-Coding beizubiegen.

Aber ab Januar 2011 wird endlich richtig kodiert. Die Bedienungsanleitung umfasst schlappe 161 Seiten, und nach Einschätzung des Herausgebers (Institut des Bewertungsausschusses) wird die Kodierung zwar einerseits leichter, andererseits viel aufwändiger:

Dafür aber geben sie genau vor, wie zu kodieren ist. Dies soll das Kodieren leichter machen. Doch gerade in der Einführungsphase wird die Umstellung für etliche Praxen einen zusätzlichen Aufwand bedeuten. Allein das Lesen der Richtlinien kostet Zeit.


Klar. 161 Seiten und noch mal so viele Begleitdokumente - das kostet wirklich viel Zeit. Dennoch schafft es die KBV, mich zu Höchstleistungen beim Kodieren zu motivieren: mit Regressdrohungen beispielsweise, oder mit dem Hinweis, dass ein guter Coder auch ein guter Arzt sein müsse und daher mit seiner Arbeitsqualität auftrumpfen könne.

Auch klar. Im Restaurant essen die wahrscheinlich die Speisekarte auf und leiten daraus ab, dass sie bei einem Spitzenkoch gegessen haben...

Nicht alle sind begeistert von diesem neuen Hobby.

Kassenärztliche Vereinigung Hessen - VV der KV Hessen fordert: Kodierrichtlinien nicht umsetzen!

Die ab Januar 2011 geltenden Kodierrichtlinien der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sollen in Hessen nicht eingeführt werden. Erste Erfahrungen aus Bayern hätten eindeutig gezeigt, dass die neuen Kodierrichtlinien sowohl im haus- als auch im fachärztlichen Alltag nicht praktikabel sind und nur noch mehr Bürokratie verursachen.

Presse Detail - Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein

Die Abgeordnetenversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein hat sich gegen die Einführung der neuen ambulanten Kodierrichtlinien in der geplanten Form ausgesprochen.

Vertreterversammlung der KV Nordrhein: Gegen Kodierrichtlinie und Aquik-Qualitätsindikatoren

Die KV Nordrhein soll gemeinsam mit anderen KVen via Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV-VV) die Einführung der Kodierrichtlinien bundesweit verhindern.

Die Vertreterversammlung KV Nordrhein fordert von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die „ambulante Kodierrichtlinie“, die zum 1. Januar 2011 verbindlich eingeführt werden soll, nicht einzuführen.

Die bisher im Bundesgebiet mittels Diagnosecodierung dokumentierte Morbidität ist nicht plausibel und damit zur Bereinigung der Vergütung nachweislich nicht geeignet. Damit disqualifiziert sich die Diagnosecodierung als nicht sachgerecht und nicht praktikabel für die Honorarsteuerung.

Für eine Verschiebung der Kodierrichtlinien | Axel Munte: So sehe ich das

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Ambulanten Kodierrichtlinien in ihrer derzeitigen Form nicht praxistauglich sind. Daher habe ich am vergangenen Freitag auch gemeinsam mit meinen Vorstandskollegen in der Vertreterversammlung der KBV gefordert, die Ambulanten Kodierrichtlinien für ein Jahr auszusetzen. Aufgrund der Komplexität der Ambulanten Kodierrichtlinien kommt es zu einem finanziellen und personellen Mehraufwand in den Praxen, der so nicht vertretbar ist.

KVH Hamburg

Die Vertreterversammlung der KV Hamburg am 17.6.2010 fordert außerdem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, die Umsetzung der „ambulanten Kodierrichtlinie“ so lange nicht zu betreiben, bis sichergestellt ist, dass die Entwicklung der Gesamtvergütung morbiditätsentsprechend erfolgt.

Falls diese Richtlinie im Januar doch kommt, wissen Sie jedenfalls, warum ich Ihnen dann bis auf weiteres keine Termine anbieten kann.

Rightcoding? Upcoding? HIV? Insolvenz?

Die AOK Niedersachsen hat nach Informationen des Hausärzteverbandes eine Kampagne gestartet, bei der Kassen-Mitarbeiter die Praxen zu verschärften Diagnosen drängen. Die Kasse biete sogar zehn Euro pro Patient an und versuche so, langfristig zu größeren Mitteln über den Morbi-RSA zu kommen. Die AOK wiegelt ab: man wolle nur unplausible Codierungen abgleichen, um die Morbidität der Versicherten korrekt abzubilden.

Diagnose-Manipulationen für 10 € pro Patient? Einblicke von AOK-Menschen in unsere Datenbanken? Gibt es etwa keine Dienstaufsicht?

Aus einzelnen Praxen wird nun berichtet, dass bei einigen Patienten als (einzige) Diagnose HIV/AIDS vorgeschlagen worden sein soll. Dabei sei diese Diagnose niemals gestellt worden. Quelle dieser stigmatisierenden Zuschreibung seien wohl "Programme und Filter", die den Patienten aufgrund von Verordnungen, Fehlzeiten usw. für eine derartige Diagnose in Frage kommen ließen.

Das Bundesversicherungsamt räuspert sich und gibt bekannt:

Wenn ein Arzt so eine Manipulation mitmachen würde, wäre das bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung sein sicherer Weg in die Insolvenz.

Gut zu wissen. Und wie ist das bei einer kranken Kasse?