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Der gläserne Patient

Der Big Brother Award 2004 in der Kategorie "Gesundheit und Soziales" geht an die Bundesministerin für Gesundheit und soziale Sicherung, Frau Ulla Schmidt für das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), das am 01. Januar 2004 in Kraft getreten ist.

Die versichertenbezogene Datenverarbeitung verschlechtert massiv den Datenschutz für die Patienten. Diese Risiken hätten durch Verwendung moderner und datenschutzfreundlicher Technik (Pseudonymisierung) vermieden werden können.

Die Krankenkassen rechnen die Krankheitskosten nicht mehr anonymisiert und fallbezogen ab, sondern erhalten neben den Rechnungen von Apotheken und Krankenhäusern auch die von sämtlichen ambulanten Behandlungen übermittelt - und zwar personenbezogen! Damit entsteht bei den Krankenkassen ein lückenloses Krankheitsprofil von sämtlichen Mitgliedern. Ohne strenge Zweckbindungsregelungen könnten die Krankenkassen diese Daten nach den verschiedensten Gesichtspunkten auswerten: die ärztliche Schweigepflicht wird de facto ausgehebelt.

Der Datenhunger wird unter dem verfälschenden Begriff "moderner Gesundheit" durch die Gesundheitsministerin immer mehr gefördert. So sorgte sie im Rahmen der Disease Management Programme dafür, dass die Kassen über chronisch Kranke besondere Dokumentationen zur Verfügung gestellt bekommen. Da die Kassen mit diesem umfangreichen Datenmaterial nicht selbst zurecht kommen, erlaubte sie unter Verletzung des Sozialgeheimnisses die Auswertung der sensiblen Daten durch private EDV-Dienstleister evtl. gar im Ausland mit einem niedrigen Datenschutzniveau. Die von der Gesundheitsministerin geplanten zentralen Datenbanken sollen dazu führen, dass den Versicherten jeweils ein "Morbiditätsfaktor" zugewiesen wird, mit dem die individuell in Zukunft erwarteten Krankheiten und damit deren Kosten eingestuft werden. Die Maßnahme ist unter dem Vorwand des Risikostrukturausgleichs zwischen den Kassen eingeführt worden. Diese Gesundheitstaxierung wird zwangsläufig dazu führen, dass eine - von der Zahlungsfähigkeit und der "Morbidität" abhängige - Mehrklassenmedizin eingeführt wird.

Vor diesem Hintergrund muss die für Anfang 2006 geplante Einführung der elektronischen Gesundheitskarte mit äußerster Skepsis gesehen werden.

Update:
2005 werden sich acht Bundesländer an der Erprobung der elektronischen Gesundheitskarte beteiligen, die 2006 die bisherige Krankenkassen-Chipkarte ersetzen soll.

"Die Speicherung der Daten soll mit Ausnahme der Grundangaben, die direkt auf der Karte vermerkt werden, auf einer so genannten "Server-Farm" geschehen." (HANDELSBLATT 9.12.2004)

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