Ärzte sollen 2006 die Medikamente für ihre Patienten zahlen
Die Drohung der Krankenkassen, im nächsten Jahr 6% der Gesamtvergütung zur Finanzierung der Ausgabensteigerungen bei den Arzneimitteln einzubehalten, ist zwar vom Tisch.
Sollte jedoch im kommenden Jahr das Ausgabenvolumen von 2,68 Milliarden Euro überschritten werden, stehen Honorareinbußen an. Die treffen besonders Ärztinnen und Ärzte, die wenig Generika und viele Me-too-Präparate verordnen. Für jede Fachgruppe sind Zielvorgaben in den beiden Bereichen fixiert worden
Die Erhöhung der Gesamtvergütung ist gesetzlich maximal auf die Steigerung der so genannten Grundlohnsumme beschränkt, also etwa dem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP). Wenn die Ausgaben für Arzneimittel hochschnellen, dann würde auch noch diese minimale Honorarerhöhung gekürzt.
Praktisch läuft das so: Wenn die Ausgaben im ersten Quartal 2006 Anzeichen dafür liefern, dass die Arzneimittelkosten das Ausgabenvolumen überschreiten, so fahren die Kassen die maximal mögliche Honorarsteigerung von 0,63 Prozent auf rund 0,31 Prozent runter. Die Halbierung würde einer Honorareinbuße von 10,2 Millionen Euro gleichkommen.
Das Ausgabenvolumen liegt im Jahr 2006 bei 2,68 Milliarden Euro. Die Richtgrößen liegen 7,3 Prozent über denen aus 2005.
Im Falle einer Überschreitung des Arzneimittelvolumens werden künftig nur diejenigen haften, die unwirtschaftlich verordnet haben. Und das wird anhand der Zielvorgaben festgestellt.
Betroffen sind vor allem diejenigen Ärzte, die ihr Richtgrößenvolumen überschreiten und sowohl im Bereich Generika als auch bei den Me-too-Präparaten die Zielvorgaben verfehlen. Sie müssen dann mit einem Abzug in Höhe von vier Prozent des Jahreshonorars rechnen. „Ab jetzt haften die Verursacher“, erklärt Dr. Hansen, Vorsitzender der KV Nordrhein.
Ganz vom Tisch ist die Kollektivhaftung nicht. Wenn das Ausgabenvolumen 2006 überschritten wurde und die Honorarabzüge bei den Ärzten, die sowohl ihre Richtgröße überschritten als auch die Zielwerte verfehlt haben, nicht ausreichen, droht eine Reduzierung der Gesamtvergütungssteigerung für das Jahr 2007.
KVNo aktuell, Dezember 2005
Arznei- und Verbandmittelvereinbarung für das Jahr 2006
Dann gibt es noch die im Koalitionsvertrag vereinbarte Bonus-Malus-Regelung. Diese "stärkt die individuelle Verantwortung des Arztes für seine Verordnungspraxis".
Details sind im „Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung“ festgelegt. Ihn hat Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) für die Fraktionen von SPD und Union schreiben lassen, die den Gesetzentwurf noch vor Weihnachten durch den Bundestag bringen wollen. Ziel ist es, viel Geld bei Arzneimitteln zu sparen: 2006 sollen es 1,5 Milliarden Euro sein, 2007 rund 2,2 Milliarden. Davon soll die Bonus-Malus-Regelung circa 500 Millionen Euro jährlich einbringen.
Dafür müssten Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen in ihren Arzneimittelvereinbarungen Tagestherapiekosten für Medikamente aus „verordnungsstarken Anwendungsgebieten“ festlegen, „welche sich bei wirtschaftlicher Verordnungsweise ergeben“.
Überschreitet ein Arzt die festgesetzten Summen, haftet er mit seinem Honorar: Bei einer Überschreitung von fünf bis zehn Prozent zahlt er 30 Prozent davon aus eigener Tasche, bei einer mehr als zehnprozentigen Überschreitung die Hälfte. Verordnet er weniger, „kann ein Bonus vereinbart werden“.
Deutsches Ärzteblatt, 9.12.2005
Der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, hat sich gegen diese Regelung gewandt. „Wir dürfen nicht zulassen, dass diese 'Geiz ist geil Ideologie' nun auch in der Arzneiversorgung Platz greift."
Ärzte seien sich ihrer Verantwortung für eine wirtschaftliche Verordnungsweise bewusst, das entbinde sie aber nicht von der Verpflichtung, die für den individuellen Fall beste Arzneitherapie auszuwählen. Jetzt sollten aber Ärzte mit Honorareinbußen bestraft werden, wenn sie staatlich festgesetzte Verordnungsmargen überschritten hätten, andere sollten finanziell belohnt werden, wenn sie darunter geblieben seien. „Das ist nichts anderes als die Einführung des Provisionsgedankens, wie man ihn sonst nur bei Versicherungsvertretern kennt. Das kann aber doch nicht im Ernst Ziel einer rationellen Therapie mit hochwirksamen Medikamenten sein“, so der Ärztepräsident.
Deutsches Ärzteblatt, 9.12.2005
Union und SPD legten am 14.12.2005 trotz aller Kritik den Gesetzentwurf vor, der zwar "Strafzahlungen" detailliert beschreibt, der sich über die Einzelheiten der vorgesehenen "Provision" ausschweigt...
Facharzt.de, 14.12.2005
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