Skip to content

Rationierung durch Wartezeiten

Captain Obvious hat wieder zugeschlagen. Diesmal in Person von Frau Höhn und Frau Klein-Schmeinck, beide ziemlich grün. Die haben sich ans Telefon gehängt und festgestellt, dass Kassenpatienten in NRW durchschnittlich 23 Tage länger auf einen Facharzt-Termin warten als privat Versicherte. Frau Höhn dazu: „Das ist nicht fair, dass es solche Unterschiede gibt“.

Wie Recht Sie haben, Frau Höhn. Ist aber nicht neu und ausserdem politisch gewollt.

Leider ist es so, dass die von Ihnen selbst und Ihren Kolleginnen und Kollegen verabschiedeten, gesetzlichen Regelungen eine faire Behandlung schlicht verbieten. Man könnte alternativ von impliziter Rationierung sprechen, und davon, dass man die politische Verantwortung dafür gern übernimmt. Aber das würde nicht zum Wählerstimmenfang passen. Auch nicht der Hinweis, dass alle "Gesundheitsreformen" der letzten Jahre nichts, aber auch gar nichts zur Verbesserung des Warteschlangenproblems beigetragen haben.

Und noch etwas: Ärzte bekommen unter den gesetzlichen Regelungen "zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes" für einen Kassenpatienten nicht etwa weniger als die Hälfte an Honorar wie für einen Privatpatienten. Sie bekommen gar nichts dafür.

Schöne neue Wettbewerbswelt

Da ist zum Einen die AOK, die sich weigerte, die Krankenhausbehandlungskosten für eine todkranke Frau zu übernehmen: die AOK vertrat nämlich die Ansicht, dass die 86-Jährige keine Krankenhausbehandlung, sondern eine Sterbebegleitung erhalten habe.

Ein Gericht hat die kranke Kasse jetzt zur Zahlung der Behandlungskosten verurteilt: die Weigerung, die Kosten zu übernehmen, sei ein eklatanter Verstoß gegen das Humanitätsgebot. Die Ansicht des Gutachters, das Klinikum hätte die Frau mit Herzbeschwerden und Luftnot unter Hinweis auf den ohnehin bevorstehenden Tod nicht behandeln sollen, nennt das Gericht verwerflich.

Und da ist zum Anderen die Warnung des Bundesversicherungsamtes: „Gerade Kassen, die hohe Rücklagen angehäuft haben, werden versuchen, durch das Angebot nicht notwendiger Leistungen Mitglieder anzulocken“, sagte der Präsident der Aufsichtsbehörde, Maximilian Gaßner.

Das nennt man dann ausgezeichneten Service. Aber nur für gesunde Kunden.

Honorarverteilung der KVNO rechtswidrig

facharzt.de [ Bundessozialgericht: Honorarverteilung der KVNO rechtswidrig ]

Die Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) ab dem zweiten Quartal 2005 bis zum vierten Quartal 2008 war rechtswidrig. Das habe das Bundessozialgericht (BSG) am Mittwoch in mündlicher Verhandlung bestätigt und damit die Revisionen der KVNO gegen entsprechende Urteile des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen zurückgewiesen.

Sag ich doch. Verhandlungstermin beim Landessozialgericht Essen ist übrigens am 15.2.2012...

Publication Bias mal anders herum

Festbetrag für Cipralex® (Escitalopram) ausgesetzt | Lundbeck GmbH | Presseportal.de

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat mit rechtskräftigem Beschluss dem Antrag der Lundbeck GmbH stattgegeben und den Festbetrag für Cipralex® im Eilverfahren (Aktenzeichen: L 1 KR 140/11 KL) außer Vollzug gesetzt.

Die Begründung des Gerichts ist lesenswert. Darin heißt es unter anderem: Der Beigeladene (Anm.: der Gemeinsame Bundesausschuss) (...)  sortiert (eine) Arbeit nicht wegen der Methodik aus, sondern wegen der positiven Ergebnisse und dem Umstand, dass sie aus Russland stammt.

Ganz so unvoreingenommen, nachvollziehbar und objektiv scheint also auch der Gemeine Bundesausschuss nicht zu arbeiten.

Die Terminvergabe wird demnächst per Gesetz geregelt

Wenn man dem Deutschen Ärzteblatt glauben will, dann bleibt "die flächendeckend gute ärztliche Versorgung" das Ziel der Bundesregierung.

Dazu hat der Bundestag am 1. Dezember das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (VStG) verabschiedet. Damit werden unter anderem die (...) Vertragsärzte abgeschafft.

Nein, das stimmt natürlich nicht ;-) Ich habe das Zitat böswillig verkürzt. Tja, so ist das nun mal im Leben: eigenwillige Zitate sind das Salz in der Mediensuppe.

Obwohl - wenn ich weiter unten im Text über die neue ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) das hier lese,

Von Mengenbegrenzungen ist nicht die Rede. Allerdings wird im Gesetz darauf verwiesen, dass die morbiditätsorientierte Gesamtvergütung um die ASV-Honoraranteile bereinigt werden muss.

dann komme ich schon ins Grübeln.

Die ASV-Honoraranteile werden also vorab von der Gesamtvergütung abgezogen, und das ohne Mengenbegrenzung? Ich kann mir jetzt schon lebhaft vorstellen, wie die Regelleistungsvolumina abstürzen werden. Gute Nacht, flächendeckende gute fachärztliche Versorgung!

Und dann gibt es noch einen besonderen Leckerbissen für die KollegInnen in den psychiatrischen Krankenhäusern.

Um dem neuen, gesetzlichen Anspruch der Krankenversicherten auf eine fachärztliche Anschlussversorgung Rechnung zu tragen, sollen die KrankenhausärztInnen (im Artikel fälschlicherweise als "Leistungserbringer" bezeichnet) verpflichtet werden, für den Fall einer notwendigen Anschlussbehandlung, insbesondere bei einer psychiatrischen Behandlung, für einen zeitnahen Termin beim Facharzt Sorge zu tragen.

Die Terminvergabe wird also demnächst per Gesetz geregelt? Das ist alles, was euch dazu einfällt?  m(