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Diese Politik macht krank - Analyse des „Wettbewerbsstärkungsgesetzes“ 2007

Die Veränderungen im Sozialgesetzbuch V im Jahre 2007 durch das „Wettbewerbsstärkungsgesetz“ (GKV-WSG) werden unser Gesundheitswesen dramatisch umpflügen. Nicht nur die „Volksvertreter“ hatten im Februar 2007 dieses Gesetz weder gelesen noch verstanden. Die 555 Seiten waren in einer bürokratisch-herrschaftlichen, unverständlichen Sprache verfasst, so dass auch fast 2 Jahre später Ärzte und Bürger die Folgen nicht abschätzen können.

Es besteht die Notwendigkeit einer verständlichen Analyse. Diese wird uns erleichtert durch einen Kommentar zum Gesetz, verfasst von einem „Vater des Gesetzes“ Dr. Ulrich Orlowski, Jurist, Ministerialdirigent im Bundesministerium für Gesundheit, seit 1996 Leiter der Abteilung Krankenversicherung und an allen Gesundheitsreformen wesentlich beteiligt.

Lobeshymnen von Frau Schmidt

Ministerin Schmidt am 29.8.2008 zum Beschluss des „Erweiterten Bewertungsausschusses“ zur ärztlichen Vergütungsreform:

„Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte erhalten nun ein kalkulierbares, gerechteres und auch transparentes Honorarsystem. ...

Das Ergebnis zur Vergütung stellt eine kräftige Erhöhung der Honorare für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland dar. Wir erwarten, dass sich dies durchgängig in einer qualitativ hohen und guten Versorgung für die Versicherten niederschlägt. Die Beitragszahler haben überall in Deutschland einen Anspruch darauf. Mit der Honorierung der Vertragsärzte in Euro und Cent muss auch eine unterschiedliche Servicequalität in den Praxen für GKV-Versicherte und PKV-Versicherte der Vergangenheit angehören. Hinweise seitens der Ärzteschaft auf Budgets entbehren nun jeder Grundlage. Mit der Neuordnung wird die Budgetierung aufgehoben. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, um die Qualität der Versorgung weiterzuentwickeln und entstehende Versorgungslücken durch Honorarzuschläge in Zukunft zu schließen.“

(Pressemitteilung; BMG, zitiert änd 29.8.2008)

Wie sieht im Gegensatz dazu die Realität aus?

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Aus dem Abschiedsbrief eines Krankenhausarztes

Ich bin mir sicher, dass zwischen Ökonomie und ärztlichem Ethos zwar eine Kluft liegt, deren Unüberbrückbarkeit aber nicht unbedingt zum Schaden des Patienten führen muss. Wenn beide Seiten ihren Anteil nach bestem Wissen und Gewissen ausführen, kann das nur zum Wohl der Patienten beziehungsweise des Krankenhauses beitragen. Nicht aber, wenn eine ökonomische Machtelite unser ärztliches Handeln zu bürokratisieren und zu vereinnahmen versucht.

Die ökonomische Seite sollte sich ernsthaft überlegen, dass man Fragen, welche ethische und moralische Aspekte beinhalten, nicht ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten angehen darf – weil sie nämlich auch etwas mit Nächstenliebe und helfender Barmherzigkeit zu tun haben.

Sollte man hierzu nicht bereit sein, wäre auch ein auf ihr Handeln ausgeübter „artfremder“ Druck von ärztlicher und pflegerischer Seite angebracht. Doch dazu ist Solidarität notwendig – die in der Ärzteschaft ein nur klägliches Dasein innehat.

Aus dem Abschiedsbrief eines Krankenhausarztes: Von Ärzten und Hampelmännern Dtsch Arztebl 2008; 105(38): A-2003
Langfassung als pdf beim Buschtelefon

Passend dazu:

There is no question that physicians are taught from an early stage to emphasize that the care of their patient(s) is paramount. And when push comes to shove, that is where my allegiances always will stay. I think patients probably want us to act that way, but I also understand that sometimes this can be taken to extremes --- fighting to keep outdated medications or equipment when other, more cost-effective alternatives are available, because "I have always had success with this" is an anachronistic attitude in today's cost efficient hospital. However, I would argue that many times administrative decisions adversely impact patient care, and it is my responsibility as a physician to fight against those decisions.

A Cultural Chasm via Aggravated DocSurg

Sie verfügen nicht über eine ausreichende Behandlungsfähigkeit

Da wird sich der Sozialhilfeträger aber freuen:

Sehr geehrte(r) N.N.,

Sie haben bei unserer Krankenkasse die weitere Übernahme der Kosten für psychiatrische Krankenpflege beantragt.

Voraussetzung für die Verordnung von psychiatrischer Krankenpflege ist, dass der Versicherte über eine ausreichende Behandlungsfähigkeit verfügt, um im Pflegeprozess seine Fähigkeitsstörungen positiv beeinflussen zu können und zu erwarten ist, dass das mit der Behandlung verfolgte Therapieziel von dem Versicherten manifest umgesetzt werden kann.

Ausreichende Behandlungsbedürftigkeit liegt dann vor, wenn nachweislich Ressourcen beim Versicherten bestehen, die für eine Zielerreichung erforderlich sind und eine positive Pflege/Behandlungsprognose begründen.

Das Therapieziel ist umsetzbar, wenn Ressourcen, Fähigkeitsstörungen, medizinisch-diagnostische Kriterien und Umweltfaktoren mit diesem Therapieziel nach ärztlichem und pflegefachlichen Ermessen eine realistische, deutlich positive Prognose erlauben. Es muss absehbar sein, dass zumindest in relevanten Teilbereichen in einem überschaubaren Zeitraum eine Besserung so weit möglich erscheint, dass künftig zumindest in diesen Bereichen auf häusliche psychiatrische Krankenpflege wieder verzichtet werden kann.

Nach Einschätzung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ist aufgrund der vorliegenden Richtlinien zur psychiatrischen Pflege vom 01.07.2005 festzustellen, dass der maximale Gesamtzeitraum von 4 Monaten psychiatrischer Pflege bereits überschritten wird. Für die Besserung der genannten Fähigkeitsstörungen und das Erreichen der genannten Therapieziele besteht keine ausreichende Behandlungsfähigkeit, auch unter Berücksichtigung der bereits längeren Vorbehandlungszeit. Es handelt sich vielmehr um einen Dauerzustand.

Entsprechend wird die weitere psychiatrische Pflege aus medizinischer Sicht nicht befürwortet.

Alternativ ist zu erwägen, ob Leistungen gem. Bundessozialhilfegesetz SGB XII in Betracht kommen, Eingliederungshilfe § 53-60 SGB XII, bei der es um nachgehende Hilfe zur Sicherung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen und zur Sicherung der Teilhabe des behinderten Menschen am Arbeitsleben geht.

Ihre grundsätzlich als zweckmäßig erforderlich erscheinende Weiterbetreuung ist somit nicht länger eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sondern als psychosoziale Langzeitbetreuung eine Leistung des Sozialhilfeträgers.

Eine weitere Kostenübernahme durch die Krankenkasse über den 30.09.2008 hinaus ist somit nicht mehr möglich.

Die Bewilligung wird letztmalig vom 01.08.2008 bis zum 30.09.2008 (siehe Anlage) ausgesprochen.

Wir geben Ihnen somit die Gelegenheit, die Zeit zu nutzen, um mit dem Sozialhilfeträger Kontakt auf zu nehmen um Ihre Betreuungssituation zu ändern.

Eine Durchschrift erhält der Pflegedienst und der behandelnde Arzt zur Kenntnisnahme. Sollten Sie noch Fragen haben, so rufen Sie uns bitte an. Mit freundlichen Grüßen

Rechtsbehelfsbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist der Widerspruch zulässig. Dieser ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides schriftlich oder zur Niederschrift bei der Krankenkasse einzureichen.

Übersetzt heißt das:

Sie sind so krank, dass Sie keine Behandlungsfähigkeit haben. Weil sie keine Behandlungsfähigkeit haben, sind Sie ein krankhafter Dauerzustand. Als krankhafter Dauerzustand dürfen Sie zwar jederzeit ins Krankenhaus, Ihre teuren Medikamente weiter essen und Ihren Haus- und Facharzt aufsuchen.

Den einzigen, noch verbliebenen Kontakt zur Außenwelt aber, der Sie vielleicht bisher davon abgehalten hat, sich aus dem Fenster zu stürzen, und der sie zusammen mit Ihren Ärzten in Ihrer quälend langen Krankheit begleitet, den dürfen Sie ab Oktober selbst bezahlen. Oder darauf verzichten.

Nicht genug, dass Sie durch Ihre quälend lange Krankheit bereits genügend stigmatisiert sind. Jetzt dürfen Sie auch noch zum Sozialamt.

Ich finde, die Krankenkasse ist nicht konsequent genug. Wenn schon Dauerzustand, dann richtig. Keine Kostenübernahme für stationäre Behandlungen mehr. Keine Kostenübernahme für Medikamente. Keine Arztbesuche.

Aber das trauen die sich nicht. Noch nicht.

I get outraged by injustice and by people who are just as arrogant as I am

Stumbled upon this one a few minutes ago. Here's an excerpt:

I am not knocking this therapy (honest), I believe in the right setting and with the right people it works, but when you have someone who really doesn’t’ care what happens it is perhaps, not the right way to go. You could make the point-go to your doctor and get referred to a “Trick Cyclist”.

No thanks, been there done that, about as useful as watching paint dry, I really have a lot of sympathy for the so called “Mentally Ill” (a terrible label) but my worst nightmare is sitting in a group therapy session listening to how disastrous other peoples lives are, selfish? Yes but there is nothing I can do in a medical sense to help them and I am sure they don’t want to listen to me rambling on about my troubles.

It did help me in a way, it showed me that mental illness is a very personal thing, not every one who is depressed can be helped by therapy because there are different levels of depression, and the personality of that person has a huge effect on the outcome.

You'll have to read the rest of this bit to learn more about depression from the inside. The author doesn't seem to be too impressed by trick cyclists and their group sessions, though.

Die Industrialisierung der Medizin findet vorläufig nicht statt

In zehn Jahren wird die hausärztliche Grundversorgung völlig anders aussehen als heute. Davon sind die MiPs fest überzeugt:

Telemedizin - beispielsweise - werde dafür sorgen, dass sich chronisch Kranke künftig selbst behandeln und auf eine Verabredung mit ihrem Hausarzt verzichten könnten. Wettbewerb und der Trend zu Polikliniken würden zum Aussterben der kleinen Hausärzte Praxen führen. Patienten würden Bequemlichkeit und leichten Zugang ohnehin höher bewerten als die Kontinuität der Behandlung oder die persönliche Beziehung zu ein und demselben Arzt.

MiPs sind ermutigt, wenn sich private Organisationen, wie Virgin Healthcare, in den Kampf stürzen. Gleichzeitig sind sie enttäuscht, weil die Hausärzte den eigenen Untergang nicht umarmen.

Nun zieht sich die private Organisation aber aus dem Kampf zurück, bevor er überhaupt begonnen hat. Man will vorerst doch keine Hausarztpraxen in den Konzern eingliedern, weil die Marktbedingungen durch die weltweite Finanzkrise so schlecht seien, und wegen der sektoralen Herausforderungen und so. Das sei jetzt ein ganz schlechter Zeitpunkt und dazu brauche man keinen riesigen, hässlichen und überbezahlten MiP.

Aha.

The truth is that they are not really interested in healthcare. Not genuine healthcare. They cannot be. If they were they would not be pulling out of their offer to sort out UK general practice. They would have a sense of duty and would see the job through. What can the 'dire economic climate' have to do with their decision? Surely that is just a lame excuse. Healthcare must be provided through thick and thin. In the UK government pays for most of our healthcare which is therefore relatively protected from the vagaries of the economy. So you might think that healthcare would be a good thing to go into at the moment. Unless your intention never was to provide basic healthcare to the elderly and the needy but instead to milk the wealthy worried well and the city slickers.

Möglicherweise fällt der Bestand an lukrativen, jungen, männlichen Berufstätigen demnächst unter eine kritische Grenze. Da muss eine private Organisation ihr Engagement natürlich sofort überdenken.

Und die Hausärzte? Die können ihren alten, multimorbiden Patienten doch jetzt Telemedizin beibringen. Damit die sich künftig selbst behandeln können.

Ein Drittel aller Praxen geschlossen

Die Freie Ärzteschaft (FÄ) und die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) haben heute zum Protesttag am morgigen Freitag aufgerufen und der Politik vorgeworfen, die gute Gesundheitsversorgung zu zerstören. Unter dem Motto „Diese Politik macht krank“ erwarteten sie fünf bis zehn Tausend Teilnehmer beim Demonstrationszug vom Roten Rathaus zum Brandenburger Tor in Berlin und die Schließung von einem Drittel aller Praxen, erklärten die Verbände heute auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt.

Der Protestzug soll um 12 Uhr vor dem Roten Rathaus mit einer Eröffnungsrede beginnen. Um 14 Uhr ist eine Abschlusskundgebung vor dem Brandenburger Tor angekündigt. „Es geht nicht primär um mehr Honorar für die Ärzte“, betonte der Präsident der FÄ, Dr. Martin Grauduszus. Deshalb sei die Demonstration auch nach den Honorarverhandlungen unbedingt notwendig, um eine Kehrtwende einzufordern. Es sei ein Appell an die Politik und die Bundeskanzlerin, die gute Gesundheitsversorgung zu erhalten. „Nachhaltig ist die Politik der Großen Koalition nur darin, dass sie unsere Gesundheitsversorgung nachhaltig zerstört und für Investoren berechenbar macht.“ Die wohnortnahe Versorgung, in der 90 Prozent aller Fälle behandelt würden, bleibe auf der Strecke. Die Konzerne stünden in den Startlöchern, um jetzt nach den Kliniken auch die Niedergelassenen einzukaufen. „Dagegen gehen wir auf die Straße und rufen zu Protest auf“, erklärte Grauduszus.

Es sei schwierig, Ärzte und Patienten gemeinsam auf die Straße zu bringen, sagte der Präsident der DGVP, Wolfram-Arnim Candidus. „Jahrelang hat die Politik den Patienten beigebracht, dass die Chipkarte eine Kreditkarte ist, mit der Patienten alles bezahlt bekommen. Wir müssen aufklären, was es eigentlich kostet, sich beim Zahnarzt eine Plombe machen zu lassen oder sich röntgen zu lassen. Der Bürger wird von der Politik zur Unmündigkeit erzogen.“ Auch die Ärzte dürften sich nicht ausruhen und zurücklehnen, weil den Niedergelassenen 2,5 und den Kliniken vier Milliarden Euro mehr versprochen seien. „Einfach nur mehr Geld ändert doch nichts“, warnte Candidus, „das System bleibt das gleiche. Es ist ein Krankheitsbetreuungssystem, kein Gesundheitssystem."

Die Politik wolle die Ärzte zum Dumpingpreis immer mehr arbeiten lassen, um den Patienten immer mehr Leistungen versprechen zu können, kritisierte der Vizepräsident der FÄ, Hans Peter Meuser. „Wenn jetzt zehn Prozent mehr Honorar angekündigt werden, dann ist das nicht einfach ein Aufschlag, sondern das heißt, dass wir jetzt zehn Prozent mehr arbeiten dürfen, um mehr zu verdienen.“ Es werde genauso weiterhin Budgetgrenzen geben, die jetzt nur Regelleistungsvolumen hießen. „Das Ganze ist nichts als eine Mogelpackung.“

Dass andere Verbände noch still hielten und nicht alle an der Demonstration teilnähmen, liege daran, dass sie eng mit den KVen verwoben seien. „Erst jetzt, wo einzelne KVen feststellen, dass sie von den 2,5 Milliarden nichts abbekommen, werden sie langsam wach“, sagte Meuser. Es hätten sich zumindest die Landesverbände Nordrhein und Thüringen vom Hartmannbund und MEDI Brandenburg dem Protestaufruf angeschlossen, sagte Grauduszus.

Die Öffentlichkeit müsse den Grad an Versorgung in Deutschland durch die vielen niedergelassenen Ärtze zu würdigen lernen, um sich für ihren Erhalt einzusetzen, erklärten die Verbände. „Die Unternehmen betreiben immer mehr Lobbyarbeit“, warnte Grauduszus. Er wolle niemandem Böses unterstellen, aber manche Politiker wüssten gar nicht, wer einen Gesetzesentwurf mit welchen Interessen ursprünglich geschrieben habe. „Es ist doch natürlich, dass die Unternehmen versuchen, sich einen so großen neuen Markt wie das Gesundheitswesen zu erschließen.“ Und so wenig wie die Öffentlichkeit bis jetzt darüber informiert sei und die Politik schweige, sehe es so aus, als hätten sie gute Chancen, das zu erreichen. „Wir wehren uns gegen diese destruktive Entwicklung und nehmen deshalb die Mühe eines Protesttages auf uns“, erklärte Candidus.