„Die Kassen holen sich hinten klammheimlich wieder weg, was sie uns vorn unter großem Wehklagen hineinstecken“, warnt Martin Grauduszus, Präsident der Freien Ärzteschaft im änd-Interview. Unter dem Strich könnten so dem System noch mehr Geld entzogen werden. Die Demonstration am 19. September in Berlin sieht er als Auftakt einer Einmischung der Ärzte in den Bundestagswahlkampf.
Bei der Honorarerhöhung handele es sich um "Buchhaltungstricks und Nebelbomben, dieses Ergebnis stand doch schon vor den Verhandlungen fest, alles andere zwischendurch war Theaterdonner. Ich glaube, man nennt so ein Ergebnis Schweigegeld. Gleichzeitig sind die Klinikkonzerne durch die Gesetzgebung in der jetzigen Situation deutlich bevorzugt, während sich die Unterfinanzierung in den freien Praxen weiter verstärkt."
DMP und Sonderverträge würden gekündigt. Die Kassen holten sich hinten klammheimlich wieder weg, was sie vorn unter großem Wehklagen hineinsteckten. Unter dem Strich könne so dem System noch mehr Geld entzogen und unsere Praxen könnten endgültig sturmreif geschossen werden.
"Das Ministerium und die Klinikkonzerne gewinnen dadurch wertvolle Zeit, um die ambulante Versorgung weiter zu zerlegen – und sie verschleiern, wie angeschlagen sie politisch eigentlich schon sind. Ohne Ärzte geht in diesem Land nichts, das weiß man in Berlin genau. Und das müssen wir den Herrschaften rechtzeitig zum Beginn des Bundestagswahlkampfes klarmachen. Wir brauchen nur auf das Beispiel Bayern zu sehen um zu erkennen, wie leicht es für die Ärzteschaft sein kann, politischen Druck auszuüben, um ihre Ziele durchzusetzen. Deshalb werden wir demonstrieren, wer nicht nach Berlin fahren kann macht halt die Praxis am 19. September zu."
"Wenn schon unsere mehr als regierungstreue KV Nordrhein Alarm schreit und den KBV-Vorstand wegen des Verhandlungsergebnisses den Rücktritt nahe legt, dann sollte auch der letzte schnell erkennen, dass hier nur ein Verwirrspiel zu Lasten der Ärzte betrieben wurde. Köhlers Aussage, dass die Kernforderungen durchgesetzt wurden, ist ein schlechter Witz. Mit diesem Abschluss hat das System endgültig seinen Offenbarungseid geleistet.
Es gibt für uns in diesem System keine Perspektive mehr. Das System wird von der Allianz aus BMG, von diesem abhängigen Körperschaften und den Lobbytruppen der Klinikkonzerne benutzt, um die ambulante Versorgung zu übernehmen und als Kartell mit entsprechender Preisgestaltung weiter zu betreiben. Dabei spielt es keine Rolle, wenn unsere Existenzen vernichtet werden, das Berufsbild Arzt demontiert wird und eine ärztliche Zuwendungsmedizin auf der Strecke bleibt.
Wir demonstrieren also zum einen, um den Druck auf die Politik zu erhöhen und das Thema Gesundheitsversorgung und Abschaffung der Haus- und Facharztpraxen zum zentralen Thema der nächsten Bundestagswahl zu machen. Die Bürger wollen auf die jetzige Versorgungskultur nicht verzichten. Und wir gehen auf die Strasse um zu zeigen, dass Ärzte und Patienten – denn letztere treffen diese Umwälzungen unter dem Strich noch härter als uns – sich von der Politik nicht länger verkaspern lassen."