Modifiziert nach MÜLLER.
Die Festlegung der künftigen Regelleistungsvolumina (RLV, ab 2006) erfolgt auf der Basis der 2005 abgerechneten Quartale
Frage:
In Nordrhein gilt für 2005 noch das Individualbudget. Ist es sinnvoll, die Praxis dicht zu machen, wenn das Budget erfüllt ist, oder sollte weiter gearbeitet werden (es würde zwar jetzt nicht vergütet, würde aber eine höhere Basis für die Berechnungsgrundlage der individuellen RLV darstellen – jetzt mehr unbezahlte Punkte, ab 2006 dafür höheres RLV und höhere Fallzahl)?
Antwort:
1. Es gibt heute nur begrenzte Mittel - und für begrenzte Mittel kann es nur begrenzte Mengen an Leistung geben.
2. Entweder halten sich alle Ärzte an diese Strategie, dann wären die relativen Anteile aller Ärzte am Gesamthonorar unverändert - aber die Ärzte würden dafür mehr arbeiten. Das entspricht dem Wunsche von Kassen und Politik. Oder aber nur ein Teil der Ärzte hält sich an diese Strategie und verschafft sich so eine Besserstellungsposition.
3. Mehr Patienten zu behandeln verursacht höhere Kosten. Bleiben die Einnahmen unverändert, fällt der Überschuss.
4. Bei begrenzten Mitteln können immer nur die relativen Anteile an der Gesamtvergütung zwischen einzelnen Ärzten verändert werden. Was A mehr erhält, geht zu Lasten von B.
5.Das Gesamthonorar fällt, für Nordrhein hat die KV ein nominales Minus von über vier Prozent vorgestellt. Ein Absinken des Gesamthonorars kann ich nicht durch Drehzahlerhöhung im Hamsterrad kompensieren. Bedingt durch die verschiedenen Mechanismen (Steigerung der Kopfpauschale max. in Höhe der Grundlohnsummensteigerung, mehr Arbeitslose, Aufnahme der über das Sozialamt Versicherten in die GKV, Aufnahme der Psychotherapeuten, steigende Arztzahlen, Gesetzeseingriffe, Bevorzugung von speziellen Praxisformen, Verträge zur Integrierten Versorgung, Arzneimittelregresse, Hausarztverträge, ....) fällt das Honorar für den einzelnen Arzt, während das Arbeitsvolumen steigt (Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich, kürzere Liegezeiten in den Krankenhäusern, mehr Bürokratieaufwand, mehr Dokumentation, mehr Anforderung bzgl. Qualitätsmanagement sowie Aus- und Weiterbildung, ....).
Welche Vorgehensweise ist zu empfehlen?
1. Schöpfen Sie Ihr Individualbudget aus, aber auch nicht mehr.
2. Sprechen Sie sich mit all ihren Kollegen ab. Unter "all ihren Kollegen" verstehe ich so ziemlich jeden, den Sie erwischen können. Sitzen Sie in einem Ärztehaus, klappern Sie die Kollegen der unterschiedlichsten Fachrichtungen ab. Beim Stammtisch sind es die Kollegen der eigenen Fachrichtung aus der Region, bei Weiterbildungsveranstaltungen ist der Einzugsbereich größer.
3. Machen Sie das Thema zu DEM Thema auf Veranstaltungen (der Berufsverbände, der KV, der Ärztekammern, der .....). Es hilft Ihnen nicht weiter, wenn Sie den neuesten Stand der Forschung qualitätsgesichert an den Patienten bringen können - und dabei wegen Honorareinbrüchen über die Wupper gehen.
4. Es ist bekannt, dass es in der Vergangenheit immer genügend Ärzte gab, die sich an so einfache Absprachen nicht gehalten haben. Es war für diese Leute einfach nutzensteigernd, die Absprachen zu brechen, da es keine Sanktionsmaßnahmen gab. Auch jetzt gibt es keine Sanktionsmaßnahmen innerhalb der Ärzteschaft. Aber glatte Honorarkürzungen für ALLE sind eine Sanktionsmaßnahme von außen, die zu denken geben könnte. Wenn die KV nominal über vier Prozent weniger zu verteilen hat und aus diesem reduzierten Topf noch Nachvergütung für Psychotherapeuten, IV-Verträge, ..... zu finanzieren sind - dann ist dies für die Ärzte eine ganz drastische Verschlechterung. Bei Kostenanteilen von 60% bleibt vom Umsatz noch ein Einnahmenüberschuss von 40%. Kommt es zu einem nominalen Honorarrückgang von vier Prozent, so sinkt der Überschuss von 40 auf 36 Prozent - also um glatte 10 Prozent.
5. Wenn sich vor Ort einige dazu entschließen, das Hamsterrad zu beschleunigen und einige andere anfangen nachzurechnen, wie viele Leistungen sie für ihr Honorar bei einem Punktwert von 5,1 Cent denn zu erbringen hätten, also wenn das passiert, dann könnte auch folgender Fall eintreten:
Schicken die Ärzte, die das Individualbudget strikt einhalten alle "überschüssigen" Fälle zu den Hamsterradfetischisten am Ort, dann steigt deren Drehzahl. Mehr Drehzahl ist mit einem Qualitätsrückgang verbunden. Können die Budgeteinhalter dies geschickt in ihren Praxen umsetzen, dann könnte man die Patienten ebenfalls entsprechend zuordnen. Die Hamsterradfetischisten werden einen überproportional hohen Anteil an Kassenpatienten haben. Und die Budgeteinhalter einen überproportional hohen Anteil an Privatpatienten.
Quelle: Facharzt.de 12.9.2005, Facharzt.de 13.9.2005