Jedenfalls, wenn man plusminus Glauben schenkt:
Ärzte bereichern sich an lebenden und toten Patienten. plusminus machte eine ahnungslose Witwe ausfindig: der Tote ging regelmäßig zum Arzt!
Diese Art von Berichterstattung empfinde ich als (gezielte?) Diffamierung.
Mittwoch, 6. Juli 2005
Jeder fünfte Arzt ist ein Betrüger
Außenstände von 56,7 Millionen Euro
Nach einer Meldung der Ärztezeitung zahlen diverse Betriebskrankenkassen nicht mehr an die KVNo. Insgesamt fehlen 56,7 Millionen Euro. Der Vorsitzende schließt nicht aus, "daß die Ärzte sich durch gezielte Maßnahmen bei den betroffenen Kassen zur Wehr setzen". Die offenen Posten im Einzelnen:
BKK Heilberufe 22 Millionen
BKK Aktiv 13 Millionen
BKK Gesundheit 8 Millionen
BKK Köln 7 Millionen
Wenn schon unser Vorsitzender nichts mehr ausschließen kann - wie würde er sich wohl dazu äußern, wenn Mitglieder der betreffenden kranken Kassen nur noch auf dem Weg der Kostenerstattung bedient würden?
Quelle: Ärztezeitung 6.7.2005
Dienstag, 14. Juni 2005
Arbeitslosigkeit macht offensichtlich depressiv
Wer hätte das gedacht...
Laut Gesundheitsbericht der Techniker-Krankenkasse bekamen Arbeitslose 2004 etwa doppelt so häufig Antidepressiva verordnet wie die Beschäftigten. Für 2,4 Millionen Beitragszahler wurden insgesamt 270.000 Packungen verschrieben (das sind etwa 13,8 Millionen Tagesdosen).
Die TK will das zum Anlass nehmen, die seelische Gesundheit ihrer Kunden zu stärken.
Gesundheitsbericht der TK als Download
Bericht im Ärzteblatt 13.6.2005
Dienstag, 8. März 2005
Der gläserne Patient
Krankenkassen haben besseren Daten-Überblick
Die Ärzte sind durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) dazu verpflichtet worden, den Krankenkassen arzt- und patientenbezogene Behandlungsdaten zu liefern. Die Kassen erhalten Diagnosen- und Ausgabenprofile über alle Leistungsbereiche und Behandlungsverläufe und können damit Patientenkarrieren nachvollziehen. "Nur so kann die Forderung des Gesetzgebers umgesetzt werden, den Leistungskatalog auf seinen Nutzen hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen," erklärte der GEK-Vorstandsvorsitzende Dieter Hebel.
Was auf keinen Fall bezweckt werde, sei der "Gläserne Patient": vielmehr wolle man ihn vor unseriösen IGEL-Angeboten schützen, denn: Wenn den Krankenkassen die Daten bekannt seien, könnten sie ihre Versicherten besser beraten und dadurch vor unnötigen zusätzlichen Belastungen bewahren.
Persönliche Anmerkung: Wenn den kranken Kassen die Daten bekannt sind, könnten sie in erster Linie sich selbst vor zusätzlichen Belastungen bewahren wollen...
Der Abteilungsdirektor Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover, Professor Friedrich Wilhelm Schwartz sieht nach ersten Einblicken in die Daten einen erheblichen Informationszuwachs: "Nunmehr sind erkrankungsspezifische Behandlungsanlässe und -verläufe so vollständiger darstellbar." Die neuen Daten seien deutlich besser als die bisherigen Schätzungen.
Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen: "Die Black Box ist für Krankenkassen geöffnet".
Quellen:
KV-LEX online 8.3.2005
Krankenkassen-Ratgeber 7.3.2005
Mittwoch, 16. Februar 2005
Sparen an der Menschenwürde?
Die Ökonomisierung aller Lebensbereiche als deutsche Leitkultur? Ökonomisches Kalkül statt Solidarität und Menschlichkeit? Umbau oder Abbau des Sozialstaates?
Aus einer Sendung des WDR vom 15.2.2005:
1992 wurde das Vormundschaftsrecht durch das Betreuungsrecht ersetzt, das die Selbständigkeit der Person in den Mittelpunkt und ihr den Betreuer zur Seite stellt. Vollständige Entmündigung und anonyme Verwahrung sind seitdem für mehr als eine Million Menschen in Deutschland Vergangenheit.
Dummerweise sind die Finanzen knapp, und es droht ein Rückschritt in längst vergessene Zeiten.
Die Honorare der Betreuer sollen nämlich nicht mehr nach dem individuell notwendigen Zeitaufwand bemessen, sondern pauschal verrechnet werden. Das bedeutet, dass ein Betreuer nicht wie bisher 30 Menschen umsorgt, sondern wie in den alten Zeiten des Vormundschaftsrechts 70 bis 80 "Fälle" vom Schreibtisch aus verwalten wird. Ab dem zweiten Jahr einer Betreuung sind nur noch 2-3 Stunden im Monat vorgesehen.
Politikermeinungen im Bundestag:
Herr Gerhards (Justizminister NRW): Das Gesetz sei zu aufwendig und zu teuer.
Frau Granold (CDU/CSU-Fraktion): Die dramatische Kostenexplosion mache eine Reform der Vergütungsstruktur erforderlich - gleichzeitig fordert sie "bestmögliche" Betreuungsleistung.
Das Argument mit der "Überalterung der Bevölkerung" zieht übrigens nicht: bei den Betreuungen sind sämtliche Altersgruppen gleichermaßen vertreten (Studie der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen 2004).
Eine "bestmögliche" Betreuung ist unter diesen Umständen kaum noch vorstellbar...
Donnerstag, 9. Dezember 2004
Der gläserne Patient
Der Big Brother Award 2004 in der Kategorie "Gesundheit und Soziales" geht an die Bundesministerin für Gesundheit und soziale Sicherung, Frau Ulla Schmidt für das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), das am 01. Januar 2004 in Kraft getreten ist.
Die versichertenbezogene Datenverarbeitung verschlechtert massiv den Datenschutz für die Patienten. Diese Risiken hätten durch Verwendung moderner und datenschutzfreundlicher Technik (Pseudonymisierung) vermieden werden können.
Mittwoch, 23. Juni 2004
Die Gesundheitsreform aus psychologischer Sicht
Ein Killer für das Verhältnis von Arzt zu Patient.
Eine unmittelbare Folge der Reform ist, dass die Patienten ihrem Arzt mit großem Misstrauen begegnen. Die grundsätzliche Frage, die sich den Patienten bei jedem Arztbesuch neu stellt, ist, ob der Mediziner eher als staatlicher Sparkommissar einzuschätzen ist oder als freier Unternehmer, der möglichst viele "Gesundheitsdienstleistungen" verkaufen will. Der Arzt befindet sich in einer Zwickmühle: Verschreibt er zu wenig Medikamente, wird er der Unterversorgung verdächtigt, verschreibt er zu viel, wird ihm eine unnötige Dramatisierung des Falls unterstellt.
Das Fazit des Wissenschaftlers:
Die Reform hat sich um die konfliktträchtige Bestimmung eines allgemeines Maßes für den Umgang mit Erkrankungen gedrückt und sich in die Reglementierung von Einzelheiten geflüchtet. Die Folge ist eine tiefgreifende Verunsicherung von Ärzten und Patienten.
Presseportal 23.6.2004
Die Langfassung der Studie finden Sie auf der Website des ifm
Montag, 16. Februar 2004
Kostenrechtsmodernisierungsgesetz
Interessanterweise kommen die Festtagsredner und Rechtsanwälte zu völlig anderen Aussagen, als es die Realität des KostenReduzierungsMonsterGesetzes (KostRMoG; zumindest für Ärzte) zuläßt. Und Wettbewerb, unter marktwirtschaftlichen Bedingungen, wie es so oft gefordert wird, wird sogar explizit abgelehnt.
Letzte Woche im Bundestag (12.2.04)
Der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG) wird mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen.
http://www.bundestag.de/plenargeschehen/pp/91/15091n.zip
Zum Nachlesen gibt es hier den Gesetzentwurf:
http://dip.bundestag.de/btd/15/019/1501971.pdf (240 Seiten, 2,85 MB)
Donnerstag, 22. Januar 2004
Dr. med. Bürokrat
Die ZEIT hat einen satirischen Beitrag zur "Kassengebühr" veröffentlicht (Hoffritz J: Dr. med. Bürokrat. Zeit 50: 25; 4.12.2003). Dazu einige Anmerkungen.
Natürlich müssten sich über diese Gebühr die Patienten ereifern. Die meisten wissen nur noch nicht konkret, was ihnen blüht. Aber " was nicht ist, das wird noch. Meine Kundschaft jedenfalls hat sich schon mehrfach spontan (ich habe sie wirklich nicht dazu gezwungen!) abfällig über diesen "Schwachsinn" ausgelassen, und es ist nur noch eine Frage der Zeit", bis die ersten bei ihrer kranken Kasse vorstellig werden. (Aber erst, nachdem mich die Kriseninterventionen wg. Kassengebühr zwei Stunden pro Woche von meiner eigentlichen Arbeit abgehalten haben werden).
Meine höchstpersönliche Aufregung hat tatsächlich Ursachen: Papierkrieg und Bürokratie. Ich bin nämlich Mediziner, kein Bürokrat. Meine Patienten (oder muß ich sie künftig Leistungsbeansprucher nennen") sind auch keine Bürokraten, obwohl nur wenige Mediziner darunter sind).
Ich gebe es zu: auch ich hätte das Risiko gern den Kassen aufgebrummt. Ich müsste ja bescheuert sein, wenn ich mir freiwillig das Risiko für einen Krankenkassenzusatzbeitrag aufgehalst hätte! Das haben dann andere für mich erledigt! Mich hat keiner gefragt - behaupten Sie also nie wieder: "Die Ärzte" haben es so gewollt!".
"Nach dem derzeitigen Abrechnungsverfahren wissen Deutschlands Krankenversicherer gar nicht, wer von ihren Mitgliedern wann und wie oft zum Arzt geht." Da ist was dran. Ehrlich. Andererseits: ich weiß auch nicht, wie viel mir letztlich für meine Arbeit bezahlt wird. Das hängt vom Zufall ab (anders ausgedrückt: vom Honorarverteilungsmaßstab). Letztens habe ich 100% gearbeitet (ehrlich!), aber nur 78% bezahlt gekriegt (auch nicht gelogen).
So. "Wir werden sicherstellen, dass Notfallpatienten behandelt werden, ob sie nun Geld bei sich haben oder nicht", sagt Schlichter Nicolay." Interessant. Ich wusste gar nicht, dass pluralis majestatis Schlichter über die nötigen Ressourcen verfügen, Notfallleistungsbeansprucher zu behandeln. Ich dachte immer, das machen die Ärzte". Egal. Er wird ein Konzept und die Zulassung dafür haben. Anderenfalls müsste man ihn als Dummschwätzer bezeichnen. Das will er doch nicht, oder" Dann mal her mit seinem Konzept!
"Beobachter gehen davon aus, dass die Doktoren von den zehn Euro maximal 50 Cent als Prämie fürs Inkassorisiko behalten dürfen." Dürfen! Danke! Danke!! Danke!!! Offensichtlich ein, von ausgefuchsten Beobachtern, betriebswirtschaflich messerscharf kalkulierter Wert. Ein durchlaufender Posten, Inkasso für Dritte, ohne juristisch unanfechtbare Berechtigung, die Forderung auch tatsächlich einzutreiben, für 50 Cent "Prämie". Super! Ich werde mit meiner Bank neue Konditionen aushandeln! Von wegen Vor-Ort-Installation 50 €, 20 € Monatsmiete, 5 ct pro Transaktion! Plus Telefongebühren. Die Telekom muß es mir auch billiger machen...
"Die Praxisbesitzer wären besser dran als Apotheken oder Krankenhäuser." Mit Apotheken kenne ich mich nicht aus. Die sind arm dran. Aber Krankenhäuser? Für die ziehen die kranken Kassen die Kohle nach der ersten Erinnerung ein. Für mich aber nicht. Damit bin ich dann besser dran. Bestechend logisch.
"Auch bei den Ärzten sah es zwischendurch so aus, als hätten sie gar nichts gegen das Inkasso einzuwenden " das ihnen immerhin Liquidität bringt. Im Sommer schlug die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sogar vor, bei der Abrechnung auf Kostenerstattung umzusteigen. Ulla Schmidt lehnte das ab."
Das sind jetzt aber ganz verschiedene Schuhe. Erstens: "Die Ärzte" sind eine Popgruppe. Die haben nichts damit zu tun. Ich erwähnte es bereits. Zweitens: das Argument des Liquiditätsvorteils relativiert sich, wenn gleichzeitig die Zahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung (die Betonung liegt hier auf Kassen!) rasenmäherartig gekürzt werden. Drittens: die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit "die Ärzte"", und Kostenerstattung mit Kassengebühr, gleich zu setzen, entspricht in etwa der Feststellung, dass die Qualität der journalistischen Arbeit bei der Zeit" mit der des Neuen Deutschland gleich zu setzen sei. Letztens: Ullallallalla Schmidt wußte sehr wohl, warum es die generelle Kostenerstattung ablehnte: dann wäre nämlich jeder klar geworden, dass 100% Arbeit, aber nur 50% Bezahlung erfolgt (den Rest hätte dann jede aus eigener Tasche bezahlen dürfen).
"Wer große Rechnungen schreiben will, darf sich nicht über den bürokratischen Aufwand einer kleinen Gebühr aufregen." Wollen will ich auch. Sie nicht, schon klar. So lange das normierte, durchschnittlich budgetierte Kontingent pro Nase und Vierteljahr rund 30 Minuten und enorme 50 Euro beträgt, reden wir gar nicht mehr über "große Rechnungen", ok? Das stinkt.
Der Funktionärskollege in der Ärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, trifft die Stimmung an der Basis besser. "Eine Registrierkasse am Praxiseingang - völlig absurd". Richtig. Funktionärskollege. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie es mit Funktionärskollegen zu tun haben? Nicht mit Gesundheitsarbeitern in der Basisversorgung. Die haben Besseres zu tun, als witzige Statements in der Öffentlichkeit abzulassen.
"Im Gesundheitsministerium wird gewitzelt." Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu.
"Fachärzte blicken herab auf die einfachen Hausärzte." Spricht für eine fundierte Recherche an der Basis. Gut beobachtet. Ich sag" Ihnen was: die an der Basisversorgung beteiligten Haus- und Fachärzte kooperieren erstaunlich gut miteinander. Wo es hakt, da sitzen Funktionäre.
"Jetzt müssen die hoch bezahlten Spezialisten damit rechnen, dass Versicherte mit Wehwehchen zuerst den Allgemeinmediziner ansteuern und diese nur die wirklich Schwerkranken weiterreichen. Ein schwerer Schlag." Hoch bezahlt. Für eine hoch spezialisierte Leistung (Psychotherapie) wurden zuletzt 6 (in Worten: sechs) Euro Umsatz gelöhnt. Das nenne ich einen schweren Schlag.
"Allerdings werden Allgemeinmediziner von Januar kommenden Jahres an auch anderweitig genug zu tun haben." Sehe ich genau so. 2500 Leistungsbeansprucher stehen am 2. Januar auf der Matte und wollen Überweisungen. Viel Spaß dabei! Obwohl: die eine oder andere hat gar keinen Hausarzt. Und will auch keinen.
"Während andere noch protestieren, hat der Verbandschef auch längst mit der Postbank günstige Konditionen fürs Gebühren-Inkasso ausgehandelt. Seit Montag werden in den Hausarztpraxen EC-Kartenleser montiert." Brav. Kostet bestimmt nix. Oder nur 50 ct.
(Sie müssen meinen Beitrag nicht bei den Leserbriefen veröffentlichen. Sie dürfen ihn auch im redaktionellen Teil weglassen. Ich schenke es Ihnen, damit Sie nicht behaupten, es ginge mir nur um Geld. Und eine Eingangsbestätigung brauche ich auch nicht, sechs Wochen später. Vielen Dank!)
Notiz: 7.12.2003 an die zeit geschickt. Mal sehen, was daraus wird...
Die Originalsatire.
Mittwoch, 21. Januar 2004
Kein Anspruch auf angemessene Bezahlung
Nach einer Sozialgerichtsentscheidung haben Ärzte zwar ein grundsätzliches, aber kein individuelles Recht auf angemessene Bezahlung.
Solange keine Versorgungsengpässe bestehen, dürfen einzelne Ärzte unterbezahlt werden. Besonders betroffen sind Ärzte in der Basisversorgung, die dabei keinen ausreichenden Gewinn mehr erzielen können.
Ärztezeitung, 27.11.2003