Diese Gesundheitspolitik macht krank – Berliner Manifest zum Wahljahr 2009
Die in Berlin auf Einladung der ‚Freien Ärzteschaft’ zusammengekommenen Vertreter von ärztlichen Berufs- und Fachverbänden* stellen mit Zorn und völligem Unverständnis für das Vorgehen der verantwortlich Handelnden in der Politik fest, dass die seit vielen Jahrzehnten bewährte und weltweit bewunderte wohnortnahe flächen-deckende ambulante Versorgung durch niedergelassene Haus- und Fachärzte – politisch gewollt – akut vor dem Aus steht!
Dieses bewährte System, in dem weit über 90 Prozent aller Krankheitsfälle in Deutschland abschließend behandelt werden, soll eliminiert werden zugunsten einer industrialisierten, profitorientierten und anonymen Abfertigung in Medizinischen Versorgungszentren, in denen der bislang als Individuum geachtete und behandelte Patient zum Fall mit einer Durchlauf-Nummer abgewertet wird.
Die seit 1. Januar 2009 geltende Honorarreform ist ein erstes, allerdings energisches Durchgreifen des Staates zur Umsetzung der Eliminierung der Arztpraxis vor Ort. 15 bis 30 Prozent Umsatzeinbrüche, die jetzt schon vorhersehbar sind, gefährden damit in höchstem Maße die wirtschaftliche Existenz der einzelnen Arztpraxis und bedrohen damit die zuverlässige Betreuung der Patienten ebenso wie sie die Sicherung der Arbeitsplätze von zehntausenden Praxismitarbeiterinnen in Frage stellen. Denn die vielfach von interessierter Seite bejubelte Honorarerhöhung von angeblich zehn Prozent kommt in den Praxen nicht an.
Insofern müssen und wollen die deutschen Ärztinnen und Ärzte das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen. Die Patienten werden in den Sprechzimmern über die drohende Entwicklung aufgeklärt: über ihre Entpersönlichung als Patient gleichermaßen wie über den drohenden Verlust ihres vertrauten Arztes um die nächste Straßenecke. In öffentlichen Aktionen wird die Bevölkerung insgesamt durch engagierte Ärztinnen und Ärzte informiert.
Streiks mit Praxisschließungen – auch über längere Zeit – werden – bei Aufrechterhaltung einer Notfallversorgung – nicht mehr ausgeschlossen. Insofern begrüßen die in Berlin versammelten Verbandsvertreter ausdrücklich Streikaktionen auf lokaler und regionaler Ebene, die bereits in den nächsten Tagen anlaufen. Den Kolleginnen und Kollegen wird die absolute Solidarität versichert, die zahlreichen bundesweit in Gründung begriffenen Aktionsgemeinschaften der niedergelassenen Ärzteschaft werden nachdrücklich ermuntert, gleichfalls Streiks zu organisieren.
Ein bundesweiter Streik der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte noch vor dem Sommer wird nicht ausgeschlossen!
In der Fürsorge für unsere Patienten und in der Verantwortung der nachrückenden Ärztegeneration können und dürfen wir den politisch gewollten Niedergang der flächendeckenden wohnortnahen haus- und fachärztlichen Versorgung nicht hinnehmen.
In der gleichen Verantwortung fordern wir eine glaubwürdige Garantie für unsere Unabhängigkeit in ärztlicher Freiberuflichkeit, die zwingend auch die Freiheit des Arzt-Patienten-Verhältnisses und die Therapiefreiheit einschließt.
Dies alles muss abgesichert werden durch ein faires und transparentes Abrechnungssystem; denn nur der wirtschaftlich unabhängige Arzt hat Herz und Hirn frei für seine Patienten.
Die gegenwärtige Politik vermag – ideologisch verblendet und erblindet – diesen an sich selbstverständlichen Forderungen nicht Rechnung zu tragen.
Diese Politik macht krank!
Und als Therapiemaßnahme begreifen die deutschen Ärztinnen und Ärzte das gerade begonnene so genannte Super-Wahljahr als Chance, aktiven Wahlkampf für das Gesundheitswesen zu machen. 123 000 Wahlkämpfer werden in ihren Warte- und Sprechzimmern Millionen von Wählerinnen und Wählern mobilisieren!
Forderungskatalog der Berliner Arbeitsgruppe der Berufs- und Fachverbände
1. Wir fordern die Ärzteschaft zur Einigkeit auf.
2. Wir fordern die Ärzte auf, politisch aktiv zu werden.
3. Die Ärzte werden den politisch verursachten Mangel deutlich machen.
4. Das beste Gesundheitswesen der Welt ist in akuter Gefahr. In keinem anderen Land gibt es einen vergleichbaren, ungehinderten Zugang zu Fach- und Hausärzten.
5. Die Dumping-Preise in der neuen Gebührenordnung müssen sofort durch faire Preise für alle Leistungen ersetzt werden.
6. Gesetzlich verordnete Leistungsbegrenzungen und Pauschalen schaden unseren Patienten.
7. Der Ausverkauf des Gesundheitswesens an Gesundheits-Heuschrecken durch die schwarz-rote Koalition muss gestoppt werden.
Berliner Arbeitsgruppen der Berufs- und Fachverbände:
Bayerischer Facharztverband
Bayerisches Ärztenetz Gesola
Berufsverband der Augenärzte
Berufsverband der Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Bundesverband und Landesverband Berlin
Berufsverband Deutscher Nervenärzte
Berufsverband der Neurologen
Berufsverband Deutscher Psychiater
Freie Ärzteschaft
Medi Berlin
Freier Verband Deutscher Zahnärzte e.V. (bei der Abstimmung nicht anwesend)
Vertreter von Hausärzten und Gynäkologen
Vertreter des Miesbacher Manifestes
Machen wir mobil! Denn gemeinsam werden wir unschlagbar sein! Deshalb merken Sie vor: 1. Gesundheitspolitischer Aschermittwoch der Freien Ärzteschaft 25. Februar 2009, ab 13.00 Uhr Festhalle Ohligs in Solingen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, si
Aufgenommen: Jan 27, 13:01