Seit Monaten werden der Öffentlichkeit irreführende Zahlen zum Einkommen der Ärzte präsentiert, zuletzt am 29.3.06 als Aussage der Patientenbeauftragten der Bundesregierung: Sie nennt einen Einnahmenüberschuss von 85.000 € im Westen und 78.000 € im Osten.
DIESE ZAHLEN SIND FALSCH.
In Deutschland arbeiten rund 143.710 ambulant tätige Vertragsärzte, ermächtigte Krankenhausärzte und nichtärztliche Vertragspsychotherapeuten.
(KBV)
Die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für die ambulante ärztliche Versorgung betrugen 2004 21,4 Mrd. € (= 15,3% der Gesamteinnahmen), 2005 sind sie auf 15,0% gesunken (Quelle: BMG, Kennzahlen und Faustformeln). Dazu kommen ca. 1,5 Mrd. €, die von den Patienten direkt an die Ärzte als sog. Kassengebühr zu zahlen waren, insgesamt stehen also ca. 23 Mrd. € zur Verfügung. Davon beanspruchen die Kassenärztlichen Vereinigungen regional unterschiedlich zwischen 2% und 5% als Verwaltungskosten und für Notfallambulanzen an Krankenhäusern. Allen Vertrags- und ermächtigten Ärzten und Vertragspsychotherapeuten zusammen kommen also ca. 22 Mrd. € zugute.
Daraus ergibt sich bundesweit ein GKV-Honorar des durchschnittlichen Arztes oder Psychotherapeuten von ca. 153.000 € pro Jahr, bzw. bei einem angenommenen durchschnittlichen Betriebskostenanteil von 58,8% ein Überschuss von ca. 63.000 € pro Jahr.
Diese KORREKTE ZAHL ist deutlich niedriger als die beiden oben von der Patientenbeauftragten kolportierten.
Allerdings hat auch diese Zahl in ihrer Aussagekraft alle Nachteile eines Durchschnittswertes. Je nach Standort (alte/neue Bundesländer) und Fachgruppe erhalten manche Praxen deutlich mehr Honorar und andere dementsprechend deutlich weniger. Hochtechnisierte Praxen (z.B. Radiologen) können z.T. Honorare über 400.000 € beanspruchen, in der sog. sprechenden Medizin dagegen liegen die Honorare z.T. deutlich unter den Durchschnittswerten. Umgekehrt kann der Kostenanteil bei technik- und personalintensiven Praxen wie z.B. bei Radiologen 85% - 100% erreichen (also keinen Überschuss mehr ermöglichen) und andererseits bei anderen Praxen unter dem Durchschnitt liegen.
Um den Überschuss der Einnahmen einer Praxis über die Ausgaben mit dem BRUTTO-Einkommen eines Arbeitnehmers vergleichbar zu machen, muss er noch um gut 20% vermindert werden. Das entspricht dem annähernd hälftigen Anteil an den Sozialabgaben (Altersversorgung, Kranken- und Pflegekasse, Unfall- und Arbeitslosenversicherung), den für Arbeitnehmer der Arbeitgeber zu tragen hat. Ein eigentlich erforderlicher Wagniszuschlag für das Unternehmerrisiko ist auch dann noch nicht enthalten.
Ausgehend vom Durchschnittsüberschuss von ca. 63.000 € p.a. ergäben sich daraus sozusagen BRUTTO ca. 52.500 € (vor Steuern und vor Abzug der 2. Hälfte der Sozialaufwendungen).
Das entspricht (bei Abzug von z.B. 18.000 € Einkommensteuer + Soli + evtl. Kirchensteuer und den weiteren Sozialaufwendungen von ca. 12.500 €) einem NETTO-Einkommen von ca. 22.000 € p.a.; Erlöse aus eventuellen weiteren Tätigkeiten (z.B. Privatbehandlung und sog. IGeL) sind darin nicht enthalten. Um ein solches Einkommen mit Kassenpatienten zu erwirtschaften, arbeitet ein Arzt typischerweise mehr als 50 Stunden pro Woche, häufig auch mehr als 60 oder 70 Stunden.
Daraus ergibt sich ein NETTO-Stundenlohn zwischen 6,00 und 8,50 €.
Da es sich hier, wie oben dargestellt, nur um Durchschnittswerte handelt, ist auch klar, dass nicht wenige Ärzte aus ihrer Tätigkeit für Kassenpatienten überhaupt kein Einkommen haben und ohne Privatpatienten Insolvenz anmelden müssten.
Die Aussagen beruhen auf den allgemein zugänglichen Veröffentlichungen des statistischen Bundesamtes, auf den Veröffentlichungen der KBV, der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer).
http://www.baek.de/, http://www.bptk.de/, http://www.kbv.de/, http://www.destatis.de/
Modifiziert nach:
F. J. Müller
www.facharzt.de/arzt/forum/index.html?md=view&gid=7&aid=183762
Rainer Hoffmann
www.facharzt.de/arzt/forum/index.html?md=view&gid=7&aid=183853
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