Künftig sollen offenbar mehrere tausend Langzeitarbeitslose Demenzkranke in Pflegeheimen betreuen. Die Initiative stammt aus den Häusern des Gesundheitsministeriums und der Bundesagentur für Arbeit. (RP Online 16.8.2008)
Das Ministerium, namentlich Herr Vater, bestätigt das. Das sei in der Gesundheitsreform so festgelegt, mit der Agentur verabredet und soll am 1.9.2008 losgehen. Die Arbeitslosen sollen natürlich nicht in die Pflege (es gebe schließlich 15.000 arbeitslose Pfleger). Man will ihnen nicht näher spezifizierte "Betreuungsaufgaben" zuweisen. Oder sollen sie vielleicht doch "vor allem für die Pflege von Demenzkranken" eingesetzt werden? Freiwillig, selbstverständlich.
Ist Sommerloch? Zu heiss? Warum erinnert mich das an die Sache mit den Überraschungseiern?
Mein lieber Vater! Als Politikwissenschaftler, Journalist und in der Pressestelle des BMG gut versorgt, lässt es sich schön zuweisen. Gehen Sie doch mal mit gutem Beispiel und einem unfreiwilligen, unbezahlten Praktikum in einem Pflegeheim in Ihrer Nähe voran. Dann können Sie anschließend gern ein Buch darüber schreiben.
Pflege und Betreuung von Demenzkranken erfordern ein hohes Maß an Engagement, Fürsorglichkeit, Professionalität und Freiwilligkeit. Jemanden im Schnelldurchlauf zu "qualifizieren" und den Kranken dann als freiwilligen Billiglöhner zuzuweisen, das grenzt schon an Körperverletzung. Auf beiden Seiten.
Nicht, dass ich Langzeitarbeitslosen Engagement und Fürsorglichkeit absprechen wollte. Ich kenne einen, der macht das schon seit Jahren. Freiwillig, fürsorglich und engagiert. Das Amt (heute: die Agentur) will ihm freiwillig nichts dafür bezahlen.
Aber: mit fadenscheinigen Argumenten Kritik als arrogant wegzuwischen, einen neuen Billiglohnsektor zu etablieren, die Arbeitslosenzahlen auf Kosten der Pflegeversicherung zu nach unten manipulieren, die Demenzbetreuung zu deprofessionalisieren und das Ganze als "freiwillige Chance zur Rückkehr ins Berufsleben" zu verbrämen, das hat etwas Anrüchiges. Passt wunderbar zu den Anstregungen Ihrer Behörde, das gesamte Gesundheitssystem unter staatlicher Hilfestellung zu einem profitorientierten Kapitalanlagesystem umzufunktionieren.
Möchte nicht wissen, wer Sie dabei beraten hat.
Und wer ist nach den Demenzkranken an der Reihe?