In der vergangenen Woche hatten fast 20.000 Arztpraxen geschlossen hatten (darunter auch meine), um auf die verfehlte Gesundheitspolitik aufmerksam zu machen. Darüber berichteten viele Medien, meist durchaus positiv.
Am 1. April - kein Scherz - kam dann ein Institut aus dem Dunstkreis des legendären Professor L. (Sie erinnern sich? der mit der Fliege, aus dem Aufsichtsrat der Rhön-Kliniken) mit der sensationellen Meldung heraus, dass Kassenpatienten drei Mal länger auf einen Arzttermin warten müssen als privat Versicherte.
Zwar ist die Studie nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin allenfalls in Klasse IIb einzuordnen, aber sie illustriert deutlich die Auswirkungen der ordnungspolitischen Fehlsteuerungen der letzten Jahrzehnte, indem sie aufzeigt, dass Ressourcenverknappung und -fehlallokation zu längeren Wartezeiten führt. Das kennen wir aus Großbritannien. Dort fliegt man am Wochenende deutsche Ärzte ein.
Kurios: die Politik hat dafür gesorgt, dass die ambulante Kassenmedizin in Deutschland mit rund 8 Milliarden Euro jährlich unterfinanziert ist. Jetzt wundert sie sich, dass das zu längeren Wartezeiten führt und entrüstet sich darüber, scheinbar stellvertretend für die eigentlich Leid tragenden Patienten.
Die meisten Patienten haben aber längst begriffen, dass die schaumschlägerische Politik damit nur von ihrem eigenen Versagen ablenkt.
Bizarr sind indes die Vorschläge, die das Warteschlangenproblem lösen sollen:
Professor L. fordert noch mehr Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen sowie Honorarabschläge - haben wir doch schon. Und er wiederholt seine altbekannte Forderung: die Nivellierung der Honorare. Wahrscheinlich nach unten, so wie ich ihn einschätze.
Dabei kommt sein eigenes Institut doch zu der Feststellung:
das Vergütungsniveau hat einen starken Einfluss auf die Wartezeiten (S. 4).
Frau Caspers-Merck fordert eine "Festschreibung" von Wartezeiten durch die Krankenkassen. Warum fordert sie dann nicht gleich die Festschreibung der mittleren Sonnenscheindauer? Erst das System aushungern und dann die Folgen beklagen. Idiotisch? Dummdreist? Oder glaubt die wirklich den Unsinn, den sie seit längerem verzapft?
Echt frech wird dieser Jacobs von der AOK Rheinland-Hamburg. Behauptet allen Ernstes, das Wartezeitenproblem sei nur eine Frage der Organisation, und gute Ärzte könnten das hervorragend (RP vom 2.4.08, kein Link verfügbar). Na, dann bin ich eben ein schlechter Arzt, und als solcher darf ich "meinen" AOK-Chef als merkbefreit bezeichnen (ich will mal gnädig sein und heute nur 12 Punkte vergeben).
Beschwichtigend drängt sich Herr Zöller dazwischen. 2009 sei es doch vorbei mit der Budgetierung, dann gebe es keine Wartezeiten mehr. Falsch, Herr Zöller. 2009 gibt es keine Individualbudgets mehr, das ist wohl wahr. Sie heißen dann nur anders: schon mal was von Regelleistungsvolumina gehört? Nein? Warum sind Sie dann einer der unzähligen "Gesundheitsexperten"?
Dann noch Frau Schmidt:
Wir haben keine Zwei-Klassen-Medizin. Nur einen Zwei-Klassen-Service. Außerdem dürfen die Ärzte das nicht.
Soso. Frau Schmidt: was ich nicht darf, das ist eine Sache. Eine ganz andere Sache ist, was ich nicht kann. Und wenn ich nicht kann, was ich gar nicht darf, dann muss ich das auch nicht. Deswegen kann ich bis auf weiteres Termine auch erst wieder in acht bis zwölf Wochen vergeben.