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AOK-Schweine und andere Monstrositäten

Neulich, in einem anderen Forum (Zitat mit freundlicher Genehmigung des Autors):

Würden Kassenärzte statt Kassenpatienten Hausschweine behandeln, hätten sie 9 mal mehr Einnahmen und keine Regress-Gefahr!

Beispiele:  
Leistung Tier Kassenpatient
Allgemeine Untersuchung mit Beratung 24 € 7 €
Zweite Konsultation pro Erkrankung 20 € 1,25 €
Telefonische Beratung 13 € 1,25 €
Eilbesuch aus laufender Praxis 47 € 15 €
Leber-, Nierenbiopsie 70,50 € 17,50 €
Arthroskopie 235 € 35 €
Ultraschalluntersuchung 77 € 13 €
Gipsverband 94 € 6 €
Entfernung der Prostata 529 € 75 €
EKG 70 € 2,50 €

Die 9mal geringere Honorierung korrespondiert dabei noch mit einer zig-fach vermehrten Verwaltungs- und Büroarbeit und mit einem Existenzrisiko wegen Strafzahlungen an die Kassen.

Offensichtlich besteht ein gesellschaftlicher Konsens darüber, dass die Behandlung von Schweinen anders honoriert wird, als die Behandlung von Menschen (die den Schweinen ja biologisch nicht unähnlich sein sollen).

Nun wird aber das Krankheitsrisiko von Schweinen meines Wissens nicht bei irgend einer Gesundheitskasse umlagefinanziert. Das heisst, dass die Behandlung eines kranken Schweins nicht der Allgemeinheit zur Last fällt, sondern seinem Besitzer. Oder gibt es so etwas wie eine Schweinekrankenzwangsabgabe, um besonders die armen Schweine vor der Bedrohung durch existenzielle Risiken zu schützen?

Also könnte ein Gesundheitsökonom jetzt behaupten, es interessiert doch kein Schwein, ob Tierbehandlungen besser bezahlt werden als Menschenbehandlungen. Erstere fallen unter das persönliche Lebensrisiko, letztere der Allgemeinheit zur Last. Und deswegen müssen letztere auch anders reguliert werden, als der freie Tiermarkt.

Immerhin besteht bei der Menschenbehandlung ja der dringende Tatverdacht auf angebotsinduzierte Nachfrage in Tateinheit mit dem asymmetrischen Arzt-Patientenverhältnis (Stichwort: "Leistungsaufschwätzer"), während der Schweinehüter drei Mal überlegt, bevor er zum Tierarzt rennt (weil er ja selbst bezahlen muss).

Und deswegen gibt es nur eine Lösung:

Weg mit der angebotsinduzierten Nachfrage. Weg mit den falschen Anreizstrukturen im Sachleistungssystem.

Raus aus dem Schweinesystem.
Oder rein, ganz wie man's nimmt.

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Kommentare

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frontier psychiatrist am :

Heute erhielt ich die Antwort eines armen Tierarzt"schweins" auf meine entsprechende Anfrage. Grundsätzlich hinkt der Vergleich Mensch/Schwein etwas, da im Prinzip alle Tiere Privatpatienten sind und man somit die menschlichen Gebührensätze für Privatpatienten berechnen müsste (2,3 facher Satz oder so). Dazu kommt noch, dass uns unsere Gebührenordnung ein bis dreifache Sätze vorgibt, vonn denen man leider als Tierarzt, wenn man seine (vor allem Großtier) Patienten nicht verlieren möchte, in den meisten Fällen nur den einfachen Satz berechnet. Dein Kollege ist aber vom 3fachen Satz ausgegangen. Preise für allg. Untersuchung mit Beratung Zuchtschwein 10,23 bis 30,69 Mastschwein 7,67 bis 23,01 Problem Nr. 2 : bei Schweinen handelt es sich in der Regel nicht um einzeln gehaltene Tiere, sondern um Zucht- bzw. Mastbestände. Bestandsuntersuchung bis 150 Tiere 25,56 bis 76,68 pro Bestand (Geruchsentschädigung gibt es leider nicht!) Telefonische Beratung ist in unserer Gebührenordnung mit 5,62 bis 16,86 vorgesehen, Tatsache ist jedoch, dass du für eine telefonische Beratung 0 € bekommst, weil das überhaupt nicht üblich ist und kein Tierbesitzer auf die Idee käme, dafür Geld zu bezahlen. Ich meine also, man muss alles relativieren, nichts desto trotz sind wir uns wohl alle einig, dass im deutschen Gesundheitswesen so einiges nicht stimmt.

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