Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der Anlage die Presserklärung der KV Nordrhein zur Information.
Als Mitunterzeichner der Resolution möchte ich zur Hintergrundinformation folgendes ergänzen: Der Vorstand der KV Nordrhein stand in Verhandlung zur Umsetzung des erweiterten Bewertungsbeschlusses vom 23.10.2008 auf regionaler Ebene und hatte bereits in den Augen des Vorstandes im Vergleich zu anderen KV-Regionen ein respektables Ergebnis (Vergütung ambulantes Operieren) verhandelt, als eine Anordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 3.11.2008 dies außer Kraft setzte.
Herr Knieps genehmigte im Namen der Bundesministerin zwar den Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses darin, stellte aber unmissverständlich fest, dass Sonderverträge aus der 3% Rücklage zu finanzieren seien.
Damit ist die pressewirksam verkündete Erhöhung der ärztlichen Honorare endgültig zur reinen Mogelpackung geoutet worden. Der Vorstand sah unter diesen Bedingungen keine Möglichkeit mehr die Vertragsverhandlungen mit den Kassen, die jetzt mit einer Stimme sprechen, fortzusetzen. Der Gang zum Schiedsamt soll jetzt mit der Forderung angetreten werden, einen regionalen Punktwert mit 3,8 Cent anstatt 3,5 Cent zu erreichen, um die Benachteiligung von Nordrhein im Vergleich zu anderen Kven auf Grund der bisherigen Individualbudgetregelung auszugleichen.
Dieser Erlass des BMG hat u.a. die Folge, dass eine Ausweitung der ambulanten Psychotherapie, die auf Grund der Zeitbudgets noch einen Spielraum von derzeit genutzten 55% hat, genauso zur Ausweitung des Vorwegabzuges (Reduzierung des für die Regelversorgung zur Verfügung stehenden Betrages des Regelleistungsvolumens) wie ein Anstieg der Dialysesachkosten, Akupunktur etc führen wird. Mit anderen Worten, es dürfte ab 1. Januar 2009 für Praxen, die sich ausschließlich oder zum größten Teil über das RLV finanzieren, nicht mehr möglich sein, ihr bisheriges Leistungsangebot aufrechtzuerhalten (um nicht zu sagen: die Insolvenz zu beantragen).
Dass dies gewollt ist, zeigt die Stellungnahme von Frau Bundesministerin Schmidt auf der JHV des Marburger Bundes: die Patienten wollten die Versorgung durch den Hausarzt einerseits und den Spezialisten in der Klinik andererseits, womit sie klarstellt, dass für sie die fachärztliche Versorgung vor Ort endgültig vor dem Aus steht, was durch die o.g. Anordnung dann auch Wirklichkeit wird. Dies wird zusätzlich durch den Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses unterstützt, wo unter 4. Berechnung des arzt- und praxisbezogenen RLV Arzt = arztgruppenspezifischer Fachwert x Anzahl kurativ-ambulanter Arztfälle (nicht Behandlungsfälle) des Vorquartals festgehalten ist. Dies heißt für ein MVZ, dass ein Patient zu mehreren Arztfällen führen wird (ein Arzt begrüßt, ein Arzt untersucht, ein dritter bespricht die Behandlung; beim nächsten Besuch ist selbstverständlich ein weiterer Kollege der Ansprechpartner), eine Senkung der Kosten für dieses MVZ mit dem eine Einzelpraxis nicht mehr konkurrieren kann. Der 10% Aufschlag für GP und MVZ erscheint in diesem Zusammenhang aus meiner Sicht von geringerer Bedeutung.
Anfragen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung bleiben in diesem Zusammenhang zunehmend unbeantwortet, werden an die regionalen Kven „das muss regional gelöst werden“ zurückgewiesen, Berechungs-Unstimmigkeiten, die nahelegen, dass mit 2006er Zahlen gerechnet worden ist, werden nicht klargestellt.
Fazit: Wer jetzt noch denkt, innerhalb dieses Systems sei ein Überleben der Praxis möglich, hat entweder sein Einkommen so geregelt, dass der Anteil des RLV nur einen Basisbetrag darstellt oder wacht erst dann aus seinen Träumen aus, wenn der Insolvenzverwalter bestellt ist.
Ich spreche natürlich in erster Linie aus fachärztlicher Sicht. Für hausärztliche Kollegen empfehle ich aber dringend den AOK-Hausarztvertrag im Detail anzuschauen, er stellt eine Blankovollmacht für künftige Veränderungen dar, die einer Auslieferung an die AOK gleichkommt.
Meine persönliche Schlussfolgerung: Die Lösung dieses Problems kann nur politisch erfolgen. Unsere österreichischen Kollegen haben in einer politisch brisanten Situation durch Schließung der Praxen den Parteien und der Bevölkerung klargemacht, dass sie nicht bereit waren, diese arglistige Täuschung der Bevölkerung weiter mitzutragen. Ich meine, wenn wir jetzt keine Solidarisierung über alle Partikularinteressen hinweg in der Ärzteschaft erreichen, ist die Freiberuflichkeit endgültig zu Grabe getragen ab 1.1.2009.
Spätestens zum 30.11.2008 liegen die persönlichen RLV vor, am 29.11.2008 ist öffentliche Vertreterversammlung der KVNo in Düsseldorf. Ich denke, dies ist zeitlich eine gute Möglichkeit den Startschuss für eine solidarische, gemeinsame, politisch eindeutige Aktion zu geben, die solange durchgeführt werden muss, bis der Öffentlichkeit und der Politik klar ist, dass die Ärzteschaft in Deutschland nicht mitmacht, die Errungenschaften des bisherigen Gesundheitssystem in Deutschland vor die Wand zu fahren.
Mit herzlichen Grüßen Ihr Dr. Rolf Peters