Fast 1.000 Ärzte waren am 13.10.2007 in den Glaspalast nach Düsseldorf gekommen, um sich von KBV-Chef Köhler und KBV-Honorardezernent Rochell über den geplanten EBM 2008 informieren zu lassen.
Fazit der Veranstaltung:
1. Es wurde selten so deutlich, wie bei dieser denkwürdigen Veranstaltung, wie sehr die KVen unter der Kuratel der Aufsichtsbehörden stehen. Sie sind Bittsteller gegenüber der Politik - ohne jegliches Mittel, Forderungen Nachdruck zu verleihen. Der Kaiser KBV ist nackt!
2. Damit wurde zugleich deutlich, dass es auch für 2009 keine Verbesserung der Honorarsituation geben wird, die von der KBV durchsetzbar wäre.
3. In der anwesenden Ärztebasis der KVNo gab es eine überwältigende Akklamation zu der Forderung, Hans-Peter Meuser wieder ins Amt des Kreisstellenvorsitzenden einzusetzen.
4. Die Notwendigkeit, dass wir niedergelassenen Ärzte eine wirkliche Interessenvertretung schaffen, ist offenbarer denn je.
Mittwoch, 17. Oktober 2007
EBM 2008 - Das Outing der KBV: Der Kaiser ist nackt
Montag, 15. Oktober 2007
Wenn der Zahn erst raus ist, tut es nicht mehr weh
Selbsthilfe mal anders, oder: wenn Ärztemangel richtig weh tut. Die Briten machen aus der Not eine Tugend und ziehen sich ihre Zähne selbst. Oder sie zahlen privat oder lassen sich im Ausland behandeln. Tatsache.
Was aber nicht sein darf, das kann gar nicht sein:
Es gibt gar "keinen Grund" dafür, selbst zur Zange zu greifen. Das öffentliche Gesundheitssystem muss jeden Notfall behandeln.
Sagt jedenfalls der örtlich zuständige Gesundheitsminister. So viel über die Fähigkeiten einschlägiger Politprofis zur Realitätsprüfung.
Sonntag, 14. Oktober 2007
EBM 2008: Die KBV als Verhandlungspartner ohne Verhandlungsmacht
Verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Herr Dr. Köhler von der KBV möchte uns Ärzten einen neuen EBM verkaufen, nachdem die KVen seit 3 Jahren, seit Bestehen des EBM 2000+, in ihrem Versprechen eines festen Punktwertes von 5,11 Eurocent wortbrüchig sind.
Die KVen bezeichnen sich weiter als unsere Intereressenvertretungen, obwohl sie diese Aufgabe nach dem SGB V nicht haben. Sie haben kein ernsthaftes politisches Druckmittel, um berechtigte Forderungen gegenüber Kassen und Politik durchzusetzen. Herr Köhler ist nach dem Gesetzestext des SGB V ein „Verhandlungspartner“ ohne reale Verhandlungsmacht. Wenn es zu keiner Einigung über den neuen EBM kommt, so hat das BMG am Ende das letzte Wort, im Bedarfsfall über eine Ersatzvornahme.
Die Situation eines Bittstellers kommt in den Äußerungen des Herrn Köhler klar zum Ausdruck:
- Er beschreibt sich selbst als ohnmächtig, indem er ankündigt, dass das Jahr 2008 zum „Tal der Tränen“ für die Vertragsärzte wird
- auch werde er mögliche Verschlechterungen von Leistungsbewertungen (im Klartext: weniger Geld für die gleiche Leistung) akzeptieren, wenn denn eine morbiditätsorientierte Vergütung ab 2009 komme.
Man stelle sich einmal einen Verhandlungsführer einer Gewerkschaft vor, der in laufenden Verhandlungen mit solchen Aussagen an die Öffentlichkeit geht, anstatt Druck auf die Gegenseite aufzubauen und Konsequenzen anzukündigen! Dieser Hinhaltetaktik mit dem Hinweis auf zukünftige Verbesserungen bedient sich die KBV uns gegenüber seit Jahren!
Was erwartet uns tatsächlich?
Wenn im EBM 2008 noch niedrigere Bewertungen zugelassen werden, wird diese eklatante Unterbewertung für die Zukunft zementiert. Nur mit absurdem, gigantischem, und kostspieligem Dokumentationsaufwand (siehe DMPs in Kliniken) wird es später möglich sein, steigende Morbidität nachzuweisen - noch mehr Kosten für noch mehr Bürokratie!
Fragen wir Herrn Köhler, wie er das gegenüber uns Vertragsärzten vertreten kann. Herr Dr. Krimmel, IGeL-Erfinder und damals KBV-Vize, ist in einer viel günstigeren politischen Situation bereits vor 10 Jahren, vor Bestehen von GMG und GKV-WSG, von seinem Amt zurückgetreten.
Freie Ärzteschaft e.V. Bergstraße 14 40699 Erkrath Tel.: 02104 1385975 Fax: 02104 449732
www.freie-aerzteschaft.de
Dienstag, 9. Oktober 2007
The cost for a visit is usually $59 - $74 for cash payers
Wie das Ärzteblatt berichtet, bieten in den USA bieten immer mehr Supermarktketten und Drogerien medizinische Dienste (Retail Health Clinics) an: schnell und preiswert, wie die Werbung verheißt. Der Over-the-counter Hausarzt, sozusagen, aber ohne Arzt. Der wird überflüssig, weil:
The computers can create a diagnosis and suggested course of treatment.
Andererseits können Ärzte auch einen Marketingvorteil bringen:
That new model works, say clinic operators, because of its expanded scope and greater marketing potential. And some big names and deep pockets are jumping behind the concept.
Und was passiert, when big names and deep pockets are jumping?
A massive Medicare fraud investigation cost (Big Name) his job.
Aber bitte nicht mit ernsthaften Krankheiten zum Retail Service. Der kann nur Bagatellerkrankungen.
Eigentlich eine gute Idee, oder? Wäre doch eine massive Ressourcenverschwendung, wenn sich hochkarätige Experten mit banalen Erkältungen abgeben müssten. Ausserdem schafft ein solches System eine bessere Anreizstruktur auf Nachfragerebene und es ist deutlich kundenorientierter als unsere gute, alte SGB 5 Variante. Aber unterm Strich eben nicht billiger.
Na ja, ich mach mir da keine Sorgen. Möglicherweise gibt's demnächst OTC-Hausärzte und Warzenspezialisten, aber bestimmt keinen Instant Psychodoc.
Obwohl, andererseits: 70-110 € pro Konsultation wären auch nicht schlecht. So viel kriege ich momentan nicht mal für ein ganzes Quartal...
Dann also bis morgen, bei Ihrem Health Discounter!
Montag, 8. Oktober 2007
You want healthcare information – ask your doctor!
Das deutsche Gesundheitssystem ist aus der Sicht des Verbrauchers gar nicht so schlecht, wie es oft dargestellt wird. Im EHCI 2007 Report, einem verbraucherorientierten Vergleich europäischer Gesundheitssysteme, belegt Deutschland hinter Österreich, den Niederlanden, Frankreich und der Schweiz den fünften Platz. Bei der Wertschöpfung erreicht Deutschland immerhin noch den 6. Platz, hinter Estland (!), Österreich, den Niederlanden, Finnland und Frankreich.
Als unbestreitbare Vorteile des deutschen Systems werden insbesondere die kurzen Wartezeiten und die "Freigiebigkeit" genannt, als Nachteil gilt die noch immer unzureichende Patientenorientierung und -information bei insgesamt mittelmäßiger Versorgungsqualität. Schweden hingegen, "Gewinner" bei der medizinischen Versorgungsqualität, hat hauptsächlich wegen der schlechten Zugangsmöglichkeit zur Versorgung keine Chance auf einen Spitzenplatz.
Fazit der Autoren für Deutschland:
The customer rules! Would be really great, but lacks the cutting edge for quality. You want healthcare information – ask your doctor!
Anders ausgedrückt:
Um wieder an die Spitze zurückzukehren, muss sich das deutsche Gesundheitswesen in Bezug auf die Bereiche Patientenrechte und Information öffnen! Dies ist ein unterentwickelter Bereich in einem ansonsten gut funktionierenden System.
Sonntag, 7. Oktober 2007
Ärztemangel
Damit ist jetzt nicht die politbürokratische Mangel gemeint, durch die wir Ärzte momentan gedreht werden. Nach einer Focus-Meldung droht auch in Westdeutschland eine Ärzteknappheit: neben Landärzten werden die Behandlungskapazitäten bald auch in anderen Fachrichtungen knapp. Ärztepräsidenten malen schon düstere Horrorszenarien:
„Wir schlittern zielsicher in eine veritable Versorgungskrise, wenn sich die Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit nicht schnellstens verbessern“.
Ärztepräsidenten müssen das wissen. Sie arbeiten schließlich täglich an den Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit mit. Mit derzeit eher bescheidenen Resultaten.
Unterdessen verhökern die Krankenkassen schon den Sicherstellungsauftrag - MVZ unter industrieller Leitung werden bevorzugt berücksichtigt.
Freitag, 5. Oktober 2007
Belasten Sie einer oder mehrere der folgenden Umstände:
Ehe- oder Partnerschaftskonflikte,
Arbeitslosigkeit,
beengte Wohnverhältnisse,
finanzielle Sorgen?
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz kritisiert in seinem Jahresbericht (129 ff) die teilweise gesetzeswidrige Praxis der Sozialdatenerhebung, die den gläsernen Patienten möglich macht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Aber was ist das schon gegen den Anspruch, man wolle etwas für die Beitragszahler tun.
Donnerstag, 4. Oktober 2007
Über die Erosion des demokratischen Denkvermögens
schreibt Juli Zeh in der Zeit und bezieht sich dabei auf die von der unschuldig tuenden Gesundheitsministerin geplante Aushöhlung der ärztlichen Schweigepflicht, die den Umbau unseres Staates in ein "präventiv denkendes und handelndes Kontrollsystem" begleitet:
Die Regierung hat nicht weniger vor, als das Privateste, Intimste, das uns zu eigen ist, zur Staatssache zu erheben: den menschlichen Körper.
Dabei wird die Idee einer flächendeckenden (von Beitragszahlern finanzierten!) Krankenversicherung in ihr Gegenteil verkehrt. Nicht das Krankenkassensystem schuldet uns Beistand in der Not - sondern wir schulden dem System die unbedingte Aufrechterhaltung unserer Gesundheit! Diese neue, fiktive Bürgerspflicht gibt dem Staat ein Machtinstrument an die Hand, welches auf fatale Weise an Huxleys Brave New World erinnert. "Krankheit" wird potenziell mit "Schuld" identifiziert, und um innerhalb dieses Zusammenhangs die Spreu vom Weizen zu trennen, bedarf es einer perfiden Form von Selektion.
Genau diesem geplanten Umbau gilt es jetzt entgegen zu treten.