Am Ende eines langen Arbeitstages (jawohl, obwohl heute Dienst nach Vorschrift = keine Sprechstunde, trotzdem bis gerade gearbeitet - Kassenanfragen beantwortet und so) mußte ich das hier zur Kenntnis nehmen:
Frau Schmidt findet es „empörend“, wenn gesetzliche versicherte Patienten oft lange auf einen Termin beim Facharzt warten, während Privatpatienten sofort an die Reihe kämen. Sie erwartet von Krankenkassen und Ärzten, dass dies abgestellt wird.
Übrigens, Frau Schmidt: in "Zwei-Klassen-Medizin" ist genau ein "L" zuviel.
Dabei ist das so gewollt. Fakt ist, dass ein Großteil der Ärzte einen Teil seiner Patienten nicht nur umsonst behandelt, sondern auch noch deren Medikamente bezahlt. Budgetierung und Absenkung der Leistungsvergütung treiben so manchen Arzt in den Ruin. Das will Frau Schmidt so: sie erwartet, daß die Ärzte die Patienten für das Geld behandeln, das die Krankenkassen zu zahlen bereit sind (ich fange an, mich zu wiederholen).
AOK-nahes Widow-Institut ist übrigens klasse - danke, Ärztegenossenschaft! Die AOK als Witwenmacher... ein echter Freud'scher.
Dabei ist das absoluter Schwachsinn, schimpft ein Dermatologe. Dem ist völlig egal, welche Versicherung sein Patient hat.
Was soll's. Das ist eben Europa. Wohlhabende und mobile Patienten können jederzeit und überall in der EU Leistungen in Anspruch nehmen, während die übrigen ausschließlich mit dem Angebot vor Ort Vorlieb nehmen müssten.
Dafür versteht man vor Ort Ihre Sprache.
Aber zurück zu den formalen Mängeln. Das Wirtschaftlichkeitsundwettbewerbsförderungsgesetzimgesundheitsunwesen wird zwar auf Büttenpapier ausgeliefert. Dafür aber mit bedenklichen Fehlern. Da hilft nur noch die Kettensäge. Und die wollen uns erklären, was Qualität bedeutet.
Tool – Rosetta Stoned
Donnerstag, 15. März 2007
Pannen, formale Mängel und Zwei-Klassen-Moral
Samstag, 10. März 2007
Sozialismus oder zum Teufel
Längst nicht alles war schlecht in der DDR. Das Gesundheitssystem beispielsweise: da gab es ideologiefreie Polikliniken. Und die Ostdeutschen sind sowieso viel aufgeschlossener als Westdeutsche. Anders als diese lieben jene nämlich die Prävention. (Vielleicht, weil sie wissen, was passiert, wenn sie krank werden?)
Bald werden uns die übrigen europäischen Staaten wieder um unser vorbildliches, planerfüllendes Gesundheitssystem beneiden. Mit ganz viel Prävention und ganz vielen Polikliniken, mit Vorratsdatensammlung auf Krankheitskarte, mit Einheitstarif und Einheitsversorgung. Danke, Frau Schmidt.
Freie Presse 9.3.2007
Nur die chronisch missgelaunten Ärzte lästern mal wieder über den Gesundheitssozialismus und freuen sich: endlich bekennt sich die Bundesgesundheitsministerin zu ihrer ideologischen Heimat. Als wäre das was Neues. Gab's doch schon vor einem Jahr.
Mittwoch, 7. März 2007
Schwammkopf der Woche
Ich bitte Sie, lieber Herr Candidus: erst schließt die AOK profitAOKable Rabattverträge ab. Dann verspricht sie (gegen die Berufsordnung) Ärzten eine Provision für Billigmedikamente. Und jetzt kommen Sie daher und behaupten dreist, der Arzt werde versuchen, seine Patienten davon zu überzeugen, ab sofort ein anderes, billigeres Medikament zu nehmen. Dann fordern Sie dazu auf, man solle sich sich in so einem Fall unbedingt durchsetzen und nicht vor Ärzten und Krankenkassen einknicken.
Ja, haben Sie denn die Sparbemühungen unserer Gesundheitskommissare nicht begriffen?
Das muss heissen: Wir können nur billig!
Von wegen: "Es stimmt, dass zu viele und zu teure Medikamente verordnet werden." Wer erzählt denn so einen Schwachfug? Sie, lieber Herr Candidus? Haben Sie Zahlen dazu?
Und dann das: "Außerdem müssten sich die Ärzte viel mehr weiterbilden." Jetzt überschreiten Sie aber Ihre Kompetenzen. Und mit dieser Aussage
"Für Gespräche bekommt der Arzt kaum etwas. Er muss möglichst oft zum Rezeptblock greifen. Das wird honoriert."
qualifizieren Sie sich als Schwammkopf der Woche. Oder als der hier. Der erste Satz stimmt zwar. Aber die beiden anderen Sätze werden dadurch immer noch nicht wahr.
Daneben fallen Sätze wie "Die gesamte Vergütung der Ärzte müsste verändert werden." oder "Ich glaube insgesamt, dass es der falsche Weg ist." kaum noch ins Gewicht. Wer sind Sie überhaupt?
Donnerstag, 1. März 2007
Exklusivpapier
Herr Köhler wartet. Und wartet. Und wartet. Eigentlich sollte er das Gesetz zur "Gesundheitsreform" rechtzeitig bekommen, damit er es prüfen und dann ggf. unterschreiben kann. Aber er kriegt die 600 Seiten einfach nicht. Die müssen nämlich auf exklusives Büttenpapier gedruckt werden. Vielleicht wirkt es dadurch verfassungskonformer.
Das "Gesundheitsministerium" behandelt den Bundespräsidenten nicht anders als die Bundestagsabgeordneten und die Ausschussmitglieder, die das Pamphlet auch erst wenige Stunden vor der Abstimmung erhielten und sich so unmöglich Einblick in den Inhalt verschaffen konnten. Vielleicht meint die Chefin, das sei im Sinne von Gleichbehandlung, Gerechtigkeit und Solidarität.
Die Sache wird immer undurchsichtiger.
edit 3.3.2007: Nach Informationen der Nachrichtenagentur ddp wird die so genannte Urschrift der Reform Köhler voraussichtlich in der kommenden Woche zugehen. Dumm nur, daß er in dieser Zeit Urlaub macht einen Staatsbesuch absolviert. Lässt er sich austricksen vertreten und das Gesetz von seinem Stellvertreter unterschreiben?