Was sind Plazeboeffekte? Oder: Der Glaube versetzt Berge....
In klinischen Studien wird getestet, ob Behandlungen (Medikamente) einen spezifischen Zweck erfüllen. Um unspezifische Effekte herauszurechnen, vergleicht man ihre Wirkung mit der von Plazebo ("unwirksamen" Stoffen oder Behandlungen) und/oder mit der eines älteren Medikaments/einer anderen Behandlung. Oft stellt sich heraus, daß auch Plazebo eine positive Wirkung hat, und daß die Wirkung der untersuchten Behandlung nur geringfügig oder gar nicht besser scheint (eigentlich müßte man Behandlung und Plazebobehandlung noch mit einer unbehandelten Kontrollgruppe vergleichen, aber dieses Vorgehen verbietet sich in vielen Fällen aus ethischen Gründen).
Freitag, 23. Januar 2004
Alles Placebo oder was?
Mittwoch, 21. Januar 2004
Elektrokrampftherapie in der Zeitung
Im Rahmen eines Projektes zu Psychiatrie, Medien und der öffentlichen Meinung haben die Autorinnen und der Autor Artikel über Elektrokrampftherapie und Defibrillation in der Zeitung einer detaillierten Analyse unterzogen. Den theoretischen Hintergrund bilden die sozialen Repräsentationen als Konzept zur Untersuchung des Inhalts von Medien, hier speziell unter dem Aspekt der Einflußnahme der Printmedien auf die Vorstellungen der Bevölkerung über die psychiatrische Behandlung.
Mit Hilfe ganzer Zeitungsjahrgänge, die auf CD-ROM vorliegen, stellte sich schnell heraus, daß in den Jahrgängen 1994 und 1995 der FAZ, der NZZ, des Spiegel und der taz nur einzelne Artikel vorliegen, die speziell über die Elektrokrampftherapie informieren.
Selbst in den Zeitungen, die sich generell einer sachlichen Sprache befleißigen, ändert sich bei der EKT der Sprachstil. Sachliche Informationen fehlen oder werden tendenziös berichtet. Gegenüber den Darstellungen der Defibrillation wird die Behandlungsmethode EKT nicht prinzipiell akzeptiert. Schreckensbilder aus der Geschichte der Psychiatrie werden dargestellt, Alltagsvergleiche gegenüber technischen Erklärungen bei der Defibrillation herangezogen. Die Wortwahl ist tendenziös und der Umgang mit dem Thema offensichtlich diskriminativ.
Quelle:
Der Nervenarzt
Abstract Volume 69 Issue 7 (1998) pp 622-628
Die Elektrokrampftherapie und die Defibrillation in der Zeitung. Eine Medienanalyse.
Ulrike Hoffmann-Richter, B. Alder, A. Finzen
Elektrokrampftherapie in der Zeitung
Im Rahmen eines Projektes zu Psychiatrie, Medien und der öffentlichen Meinung haben die Autorinnen und der Autor Artikel über Elektrokrampftherapie und Defibrillation in der Zeitung einer detaillierten Analyse unterzogen. Den theoretischen Hintergrund bilden die sozialen Repräsentationen als Konzept zur Untersuchung des Inhalts von Medien, hier speziell unter dem Aspekt der Einflußnahme der Printmedien auf die Vorstellungen der Bevölkerung über die psychiatrische Behandlung. Mit Hilfe ganzer Zeitungsjahrgänge, die auf CD-ROM vorliegen, stellte sich schnell heraus, daß in den Jahrgängen 1994 und 1995 der FAZ, der NZZ, des Spiegel und der taz nur einzelne Artikel vorliegen, die speziell über die Elektrokrampftherapie informieren. Selbst in den Zeitungen, die sich generell einer sachlichen Sprache befleißigen, ändert sich bei der EKT der Sprachstil. Sachliche Informationen fehlen oder werden tendenziös berichtet. Gegenüber den Darstellungen der Defibrillation wird die Behandlungsmethode EKT nicht prinzipiell akzeptiert. Schreckensbilder aus der Geschichte der Psychiatrie werden dargestellt, Alltagsvergleiche gegenüber technischen Erklärungen bei der Defibrillation herangezogen. Die Wortwahl ist tendenziös und der Umgang mit dem Thema offensichtlich diskriminativ.
Quelle:
Der Nervenarzt
Abstract Volume 69 Issue 7 (1998) pp 622-628
Die Elektrokrampftherapie und die Defibrillation in der Zeitung. Eine Medienanalyse.
Ulrike Hoffmann-Richter, B. Alder, A. Finzen
Einsatz der Elektrokrampftherapie in der Psychiatrie
Die Elektrokrampftherapie (Elektrokonvulsionstherapie, EKT) hat antidepressive und antipsychotische Wirkungen. Seit den ersten Behandlungen (Italien, 1938) ist der Wirkmechanismus ungeklärt geblieben.
Die Durchführung wurde in vielerlei Hinsicht modifiziert. Die EKT, bei der durch elektrische Stimulation des Gehirns ein generalisierter epileptischer Anfall ausgelöst wird, erfolgt unter intravenöser Kurznarkose und Muskelrelaxation. Nach sorgfältigen Voruntersuchungen und der Berücksichtigung anästhesiologischer oder internistischer Gegenanzeigen gilt die EKT als sehr sichere Behandlungsform. Persistierende Gedächtnisdefizite wurden nach der früher üblichen bilateralen Applikation von Sinuswellenstrom kasuistisch beschrieben.
Durch die Verwendung von Kurzimpulsstrom, die unilaterale Elektrodenplatzierung und die individuelle Dosierung der Ladung (Voraussetzung: EEG-Monitoring) treten Gedächtnisstörungen nach EKT heutzutage seltener auf, und sie remittieren meist komplett innerhalb von 4 bis 8 Wochen.
Zur Zeit kommt die EKT insbesondere bei PatientInnen mit therapieresistenten, schwergradigen affektiven oder schizophrenen Störungen zum Einsatz. Die perniziöse Katatonie und das maligne neuroleptische Syndrom stellen eine Notfallindikation dar. Für eine suffiziente EKT ist eine Serie von 6 bis 12 Einzelbehandlungen (jeden 2.-3. Tag) notwendig. Die Responserate bei therapieresistenten Depressionen - zu dieser Indikation gibt es die meisten Daten - ist 50 bis 60%. Dies wird durch eine deskriptive Auswertung aller EKT-Behandlungen an der Psychiatrischen Abteilung der Universitätsklinik Wien, 1994 bis 2000, bestätigt. Ein Bedarf besteht an kontrollierten Studien zur Erhaltungstherapie nach EKT-Serien.
Quelle:
Der Nervenarzt
Abstract Volume 72 Issue 9 (2001) pp 661-676
Einsatz der Elektrokrampftherapie in der Psychiatrie
R. Frey, D. Schreinzer, A. Heiden, S. Kasper
Genehmigungspflicht von Elektrokrampftherapie
Eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigungspflicht im
Rahmen des Betreuungsgesetzes ist nach Meinung der Autoren zu verneinen.
Zusammenfassung: Besteht bei einwilligungsunfähigen Patienten die Indikation zur Durchführung einer Elektrokrampftherapie (EKT), ist die Genehmigung des Betreuers zur Durchführung der Heilbehandlung erforderlich. Unklar ist, ob aufgrund von eventuellen Nebenwirkungen zusätzlich eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigungspflicht im Sinne des § 1904 BGB anzunehmen ist. Das Landgericht Hamburg war unter Verweis auf das Risiko persistierender retrograder Amnesien von der begründeten Gefahr eines länger dauernden gesundheitlichen Schadens ausgegangen und hatte die Genehmigungspflicht bejaht. Die Elektrokrampftherapie ist jedoch unter Beachtung der Kontraindikationen eine sichere und effektive Therapiemaßnahme zur Behandlung von Depressionen und schizophrenen Psychosen. Die Anwendung der unilateralen Kurzpulsstimulation reduziert die Häufigkeit und Ausprägung der kognitiven Nebenwirkungen. Insbesondere retrograde Amnesien treten nur sehr selten und in einer Ausprägung auf, die angesichts der Gefährdungen durch die Grunderkrankung zu vernachlässigen ist. Eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigungspflicht im Rahmen des Betreuungsgesetzes ist nach Meinung der Autoren zu verneinen.
Quelle:
Zur Frage der Genehmigungspflicht von Elektrokrampftherapie im Rahmen einer Betreuung (§1904 BGB)
Der Nervenarzt
Abstract Volume 70 Issue 7 (1999) pp 657-661
A. Batra, M. Bartels, K. Foerster
Bundesärztekammer zur Elektrokrampftherapie
Die Elektrokrampftherapie ist eine wissenschaftlich begründete, für bestimmte psychiatrische Erkrankungen die bestmögliche Behandlung, und im Verhältnis zum angestrebten Therapieerfolg mit einem geringen Risiko verbunden. Sie ist immer nur eine Komponente im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzepts.
Die immer wieder gezielt in die Öffentlichkeit getragene Darstellung der Elektrokrampftherapie als veraltete, überholte oder gar inhumane und grausame Behandlungsmethode ist falsch und beruht weitgehend auf einer mangelhaften Information.
Bei der Elektrokrampftherapie (EKT) wird in Narkose und unter Muskelrelaxation durch eine kurze elektrische Reizung des Gehirns ein generalisierter Krampfanfall ausgelöst. Nach heutigem Kenntnisstand ist die Wirkung der EKT auf neurochemische Veränderungen verschiedener Neurotransmittersysteme zurückzuführen.
Die Indikation für die EKT stützt sich auf zahlreiche Wirksamkeitsnachweise. Für die Auswahl der Patienten sind maßgeblich: die Diagnose, die Schwere der Symptome, die Behandlungsvorgeschichte sowie die Abwägung zwischen Nutzen und Risiken unter Berücksichtigung anderer Behandlungsoptionen. Dabei wird bei gegebener Indikation auch der Wunsch des Patienten berücksichtigt.
Bei folgenden psychiatrischen Erkrankungen ist die EKT die Therapie der ersten Wahl:
wahnhafte Depression, depressiver Stupor, schizoaffektive Psychose mit schwerer depressiver Verstimmung
Major Depression mit hoher Suizidalität oder Nahrungsverweigerung
akute, lebensbedrohliche (perniziöse) Katatonie.
Risiken bei der Behandlung sind im Wesentlichen Risiken der Narkose: wenn drei Patienten wöchentlich jeweils drei EKT unterzogen werden, ist statistisch alle 100 Jahre mit einer schwerwiegenden Komplikation zu rechnen.
Hirnschäden sind nach sachgerecht durchgeführter EKT nicht beschrieben worden. Auch aus kernspin- und computertomographischen Untersuchungen ergeben sich keine Hinweise auf strukturelle Veränderungen nach EKT.
Kognitive Störungen sind bei der heute üblichen Form der EKT deutlich geringer als bei der früher üblichen, doppelseitigen Stimulation. Direkt nach der EKT können eine vorübergehende leichte Störung der Orientierung, des Kurzzeitgedächtnisses, der Aufmerksamkeit sowie Gedächtnisstörungen auftreten. Während sich die anterograden Gedächtnisstörungen in der Regel rasch (in der Regel nach Stunden bis zu wenigen Tagen, spätestens 4 Wochen) zurückbilden, können die retrograden Amnesien länger bestehen bleiben.
Spannungskopfschmerzen treten bei knapp einem Drittel der Patienten nach EKT auf (häufigste Nebenwirkung der EKT).
Übelkeit und Erbrechen nach EKT kommen selten vor.
Die EKT wird von den Patienten rückblickend gut bis sehr gut beurteilt.
Die EKT wird, wie bei allen anderen medizinischen Eingriffen üblich, nur nach angemessener Aufklärung und schriftlicher Einverständniserklärung durchgeführt. Das Einverständnis oder die Ablehnung setzt die Einwilligungsfähigkeit der Patienten voraus. Diese beinhaltet, dass der Patient die Sachlage sowie die Bedeutung und Tragweite der vorzunehmenden Behandlung hinreichend zu beurteilen vermag.
Bei nichteinwilligungsfähigen Patienten mit dringlicher Indikation für eine EKT wird eine Betreuung gemäß Betreuungsgesetz eingerichtet. Im Bedarfsfall wird bei konkreter Gefährdung des Patienten eine einstweilige Betreuerbestellung bei dem zuständigen Vormundschaftsgericht veranlasst. Falls der vom Gericht eingesetzte Betreuer der EKT zustimmt, der Patient der EKT jedoch ausdrücklich widerspricht, wird im Regelfall auf die EKT verzichtet.
Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 8 vom 21.02.2003, Seite A-504