Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat seine Gesetzespläne zur Digitalisierung im Gesundheitswesen verteidigt. Im ZDF-Morgenmagazin sagte der CDU-Politiker: Onlinesprechstunden, die elektronische Patientenakte und Apps auf Kassenrezept sollen die Versorgung besser machen. Kritik an der geplanten Weitergabe von Gesundheitsdaten der gesetzlich Versicherten an die Forschung wies er erneut zurück.

Der Bundestag soll am heutigen Donnerstagnachmittag abschließend über den Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten, der auf Spahns Initiative zurückgeht. Laut Ministerium geht es in dem Entwurf im Wesentlichen um fünf Punkte

  • Patientinnen und Patienten sollen künftig Gesundheitsapps auf Rezept nutzen können. Diese erinnern beispielsweise an die pünktliche Einnahme von Medikamenten oder helfen dabei, Blutzuckerwerte zu dokumentieren.
  • Die elektronische Patientenakte soll möglichst bald flächendeckend eingeführt werden. Apotheken und Kliniken sollen verpflichtet werden, sich an die sogenannte Telematik-Infrastruktur anschließen zu lassen, über die Daten dann weitergegeben werden können. Ärztinnen und Ärzte, die sich dem Anschluss verweigern, sollen ab dem 1. März 2020 einen erhöhten Honorarabzug von 2,5 Prozent bezahlen. Bisher lag dieser bei einem Prozent. Für die Angehörigen anderer Gesundheitsberufe, etwa Hebammen, und für Pflege- und Reha-Einrichtungen ist der Anschluss freiwillig; die Kosten werden übernommen.
  • Informationen darüber, welche Ärztinnen und Ärzte Videosprechstunden anbieten, sollen leichter zu finden sein. Diese sollen dadurch "Alltag werden", wie das Ministerium schreibt.
  • Der Innovationsfonds, aus dem neue Formen der Patientenversorgung gefördert werden, wird bis zum Jahr 2024 mit jährlich 200 Millionen Euro "verlängert".
  • Praxen und Kliniken sollen künftig weitestgehend ohne Papier arbeiten. Daten sollen digital erfasst, der Betrieb digital verwaltet, Arztbriefe per Mail übermittelt werden.

Die Daten von 73 Millionen Versicherten

Damit die Forschung künftig Gesundheitsdaten besser nutzen kann, soll künftig eine zentrale Gesundheitsdatenbank geschaffen werden. In ihr sollen – pseudonymisiert – die Informationen von 73 Millionen gesetzlich Versicherten erfasst sein: Personendaten wie Alter und Geschlecht, Informationen zum Versicherungsverhältnis, zum Leistungsbezug und zum Gesundheitsstatus. Eine Widerspruchsmöglichkeit für die Versicherten oder Löschfristen sind nicht vorgesehen.

Kritikerinnen sehen darin einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Patientinnen und Patienten. Die Datenbank sei die größte Sammlung von Patientendaten in Deutschland. Sie verstoße gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, und durch sie gerieten äußerst sensible Daten in die Hand des Staates und einer langen Liste weiterer Nutzungsberechtigter. Unter den Gegnern des Vorhabens sind Daten- und Patientenschützer, Gewerkschafter und Politiker der Grünen. Auch der Bundesrat fordert in einer Stellungnahme, den Gesetzentwurf im Hinblick auf den Datenschutz zu überprüfen.

Um den medizinischen Fortschritt zu befördern, würden auch Gesundheitsdaten gebraucht, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Doch auch er nannte es problematisch, eine Datenübermittlung einfach per Gesetz festzulegen. "Es wäre klüger, die Menschen freiwillig zu motivieren." 

Spahn verteidigte seine Pläne mit dem Argument, es gehe darum, Gesundheitsforschung zu ermöglichen und für Patienten mit chronischen Krankheiten wie Diabetes neue Erkenntnisse zu gewinnen. "Es geht nicht um Behandlungsdaten, sondern um Abrechnungsdaten", sagte er, und sicherte erneut "Datenschutz auf höchstem Standard" zu. Das Bundesgesundheitsministerium plant zusätzliche Regeln zur Patientenakte, die allerdings nicht im Digitale-Versorgungs-Gesetz enthalten sein sollen, sondern in einem später vorzulegenden Datenschutzgesetz. An der Einführung der elektronischen Patientenakte zum 1. Januar 2021 ändere sich dadurch aber nichts.