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Künstliche Intelligenz Computer erkennt Hautkrebs besser als Ärzte

Ungefährliches Muttermal oder schwarzer Hautkrebs? Der Unterschied ist oft schwer zu erkennen. Nachdem er mit 100.000 Bildern trainiert hatte, gelang es einem Computer besser als Hautärzten.
Bild mit Melanom-Zellen

Bild mit Melanom-Zellen

Foto: Bernd Wüstneck/ picture alliance / Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa

Künstliche Intelligenz kann Ärzten dabei helfen, Schwarzen Hautkrebs zu erkennen. Bei einem Versuch mit 100 Bildern von bösartigen Melanomen und gutartigen Muttermalen stellte das Computerprogramm im Durchschnitt häufiger die richtige Diagnose als 58 Hautärzte aus verschiedenen Ländern. Das berichtet eine Forschergruppe um Holger Hänßle von der Universität Heidelberg in der Fachzeitschrift "Annals of Oncology" .

Die Wissenschaftler verwendeten für ihre Untersuchung ein künstliches neuronales Netz, ein sogenanntes Convolutional Neural Network (CNN). Diese Form der Künstlichen Intelligenz ist lernfähig. "Das CNN arbeitet wie das Gehirn eines Kindes", sagt Hänßle. Um es zu trainieren, zeigten die Forscher dem Programm mehr als 100.000 Fotos, auf denen entweder Melanome oder ungefährliche Muttermale zu sehen waren. Dabei informierten sie das System über die jeweils richtige Diagnose.

"Mit jedem Bild verbesserte das Programm seine Fähigkeit, beides voneinander zu unterscheiden", erklärt Hänßle. Bei den Bildern handelte es sich um Aufnahmen der Stellen in zehnfacher Vergrößerung. Sie entstehen, wenn der Hautarzt bei der Untersuchung ein sogenanntes Auflichtmikroskop nutzt. Auch in Deutschland wird die Technik oft angewendet, sie zählt allerdings nicht zu den Kassenleistungen.

Nahaufnahme eines Melanoms (schwarzer Hautkrebs)

Nahaufnahme eines Melanoms (schwarzer Hautkrebs)

Foto: Unihautklinik Tübingen/ picture-alliance/ dpa

Ärzte übersahen Hautkrebs häufiger

Nach der Lernphase wählten Experten 100 Aufnahmen aus, die das Programm noch nicht kannte und bei denen die Diagnose besonders knifflig war. Diese Bilder schickten die Wissenschaftler anschließend auch an 58 Dermatologen aus 17 Ländern. Im Schnitt erkannten die Ärzte die gefährlichen Melanome seltener als der Computer, wie die Zahlen zeigen:

  • CNN diagnostizierte 95 Prozent der Melanome korrekt und stufte 63,8 Prozent der gutartigen Muttermale richtig ein.
  • Die Ärzten diagnostizierten in einer ersten Runde, in der sie ausschließlich die Bilder hatten, 86,6 Prozent der Melanome richtig. Von den gutartigen Hautveränderungen erkannten sie 71,3 Prozent.
  • In einem zweiten Durchgang erhielten die Hautärzte noch Angaben über die Patienten (Geschlecht, Alter, Hautstelle) und Vergrößerungen. Dadurch verbesserte sich ihre Quote bei den Melanomen auf 88,9 Prozent, bei den Muttermalen auf 75,7 Prozent.

Insgesamt erkannten die Hautärzte ungefährliche Muttermale also häufiger richtig, wodurch unnötige Operationen vermieden werden können. Dafür stuften sie jedoch auch häufiger gefährliche Melanome als harmlos ein. Die Ergebnisse zeigten, dass künstliche Intelligenz eine geeignete Methode sei, um Ärzte bei der Diagnose von Hautkrebs zu unterstützen. Es gehe aber nicht darum, dass in Zukunft Computer statt Ärzte die Arbeit erledigten, schreiben die Forscher.

55.500 Todesfälle weltweit

Weltweit erkranken immer mehr Menschen am schwarzen Hautkrebs. Nach Angaben der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) von 2012 werden jährlich mehr als 230.000 Fälle diagnostiziert, rund 55.500 Menschen sterben an der Krankheit. Es handelt sich um einen bösartigen Tumor der Pigmentzellen (Melanozyten) in der Haut, der schnell Metastasen bildet und dann schwer zu bekämpfen ist. Daneben existiert auch der häufigere und im Vergleich deutlich weniger aggressive weiße Hautkrebs.

In einem Kommentar, ebenfalls in "Annals of Oncology", begrüßen Victoria Mar von der Monash University in Melbourne und Peter Soyer von der University of Queensland in Brisbane (Australien) den Einsatz Künstlicher Intelligenz bei der Hautkrebsdiagnose. Die Ergebnisse stärkten die Hoffnung, dass alle Menschen - unabhängig von ihrem Wohnort und der Ausbildung ihres Arztes - irgendwann Zugang zu guten Diagnosen bekommen werden.

irb/dpa
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