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Behandlung psychisch Kranker FDP wirft Spahn Tatenlosigkeit vor

Lange Wartezeiten, fehlende Übernahme durch Krankenkassen: Bei der Behandlung psychisch Kranker gibt es weiter Probleme. Die FDP attackiert nun Gesundheitsminister Spahn - und spricht von einem "Skandal".
Jens Spahn

Jens Spahn

Foto: Michael Kappeler/ dpa

Am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht, in welchen Situationen Patienten in der Psychiatrie ans Bett gefesselt werden dürfen. Unmittelbar zuvor kritisiert die FDP den Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für die ambulante Versorgung psychisch Kranker scharf. Die Partei wirft Spahn Tatenlosigkeit bei der Verbesserung der Behandlung vor.

"Offenbar unternimmt Spahn nichts, um die Verabschiedung einer neuen Psychotherapie-Richtlinie zu befördern", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Wieland Schinnenburg der "Passauer Neuen Presse" . Die am 1. April 2017 in Kraft getretene Richtlinie habe kaum Verbesserungen gebracht. Noch immer weigerten sich manche Versicherungen, die Kosten für psychotherapeutische Behandlungen zu übernehmen.

"Man kann nur von einem Skandal sprechen"

Die Zahl der Beschwerden gegen die Krankenkassen wegen fehlender Übernahmen sei im vergangenen Jahr trotz Einführung der neuen Richtlinie angestiegen. 2017 hätten sich psychisch Erkrankte in 96 Fällen an das zuständige Bundesversicherungsamt gewandt, 2016 seien es noch 67 gewesen, schrieb die Zeitung unter Berufung auf die Antwort des Bundesgesundheitsministeriums auf eine Anfrage der FDP-Fraktion.

Seit Jahresbeginn 2018 gingen demnach 27 Beschwerden gegen bundesunmittelbare Kassen ein. Dies umfasste nicht die Beschwerden gegen mangelnde Kostenübernahmen bei den AOK-Kassen, deren Aufsicht Ländersache ist.

Ein weiteres Problem: die langen Wartezeiten vor einem Termin bei einem Psychotherapeuten. Die Bundestherapeutenkammer hatte im April 2018 in einer Umfrage herausgefunden, dass Patienten durchschnittlich fünf Monate lang auf einen solchen Termin warten müssen - im Ruhrgebiet sogar sieben Monate.

Schinnenburg warnte vor den Konsequenten, sollte eine Behandlung psychischer Probleme ausbleiben: "Wenn man bedenkt, welche schlimmen Folgen eine unterbliebene psychotherapeutische Behandlung für die betroffenen Menschen hat und welche volkswirtschaftlichen Kosten durch langdauernde Krankschreibungen dies verursacht, kann man nur von einem Skandal sprechen", sagte der FDP-Politiker. Minister Spahn kümmere sich "nicht ausreichend um die nach wie vor sehr schlechte ambulante psychotherapeutische Versorgung", kritisierte Schinnenburg.

Bundesverfassungsgericht entscheidet über Klage zweier Betroffener

In der Frage der Fixierung von Patienten, die in der Psychiatrie aggressiv werden und andere oder sich selbst gefährden, entscheidet das Bundesverfassungsgericht zu zwei Verfassungsbeschwerden von Betroffenen. Dabei geht es auch um die Frage: Wann muss die Zustimmung eines Richters eingeholt werden? Geregelt ist das in Landesgesetzen.

Aktuell ist für die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie zwar ein richterlicher Beschluss erforderlich. Für die anschließenden Fixierungen reicht dann aber in den meisten Bundesländern die Anordnung eines Arztes. In einigen Ländern gibt es bereits den sogenannten Richtervorbehalt. Dort müssen die Maßnahmen innerhalb kurzer Zeit von einem Richter geprüft werden. Die Beschwerdeführer stützen sich auf die Artikel 2 und 104 des Grundgesetzes zur Freiheit der Person.

aev/dpa