Ghostery bekämpft Tracker mit Künstlicher Intelligenz

Tracker sind im Internet überall: 8 von 10 Websites sammeln eifrig Nutzerdaten, wie eine neue Studie von Ghostery zeigt. Das Anti-Tracking-Tool will seine Nutzer künftig mit Künstlicher Intelligenz besser vor neugierigen Skripten schützen.

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Ghostery 8
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Inhaltsverzeichnis

Die Browser-Erweiterung Ghostery will seine Nutzer besser vor Tracking schützen: Die frisch veröffentlichte Version 8 kombiniert dazu die Block-Listen mit Künstlicher Intelligenz (KI). Außerdem soll Ghostery 8 mit seinen neuen Grundeinstellungen für "Durchschnittsnutzer" zugänglicher werden; für Profis gibt es "umfassende Funktionen" zur Feinjustierung. Die Anti-Tracking-Erweiterung gibt es kostenlos für die gängigsten Browser, darunter Chrome, Firefox, Edge und Opera. Ghostery hindert Websites daran, Tracker zu laden, die Nutzerdaten erfassen. Das schützt die Privatsphäre und beschleunigt den Ladevorgang.

Anti-Tracking-Tools wie Ghostery setzen wie auch Adblocker sogenannte White- und Blacklists ein, die erlaubte und verbotene Tracking-Skripte enthalten. Diese "Tracker-Bibliothek" mit mehr als 2600 Einträgen muss jedoch ständig gepflegt und ergänzt werden. Die Listen haben den Nachteil, das bislang unbekannte Tracker noch fehlen. Außerdem stören allzu strenge Regeln die Funktion einer Website. Wird die Liste zudem nicht schnell genug aktualisiert, können Tracker für einen bestimmten Zeitraum durchs Raster fallen und Nutzerdaten erfassen.

Ghostery macht die Tracker auf einer Website sichtbar.

(Bild: Ghostery)

Ghostery 8 setzt deshalb ein neues Anti-Tracking-System mit Künstlicher Intelligenz und "dynamischer Erkennung" ein. Das System filtert Datenwerte in den Tracker-Anfragen heraus, die eine Identifizierung des Nutzers ermöglichen (User Identifier, UID). Diese Werte überschreibt das Anti-Tracking-System mit zufällig erzeugten Zahlen – und verhindert damit eine Identifikation. Dadurch soll die Funktionalität einer Website nicht mehr gestört werden. Die KI soll auch vor neuartigen Tracking-Verfahren inklusive Fingerprinting besser schützen und Anti-Anti-Tracking-Tools austricksen.

Im täglichen Betrieb greift Ghostery zunächst auf die Blocklisten zu, um bekannte Tracker herauszufiltern. Um alles, was dann noch übrig bleibt, kümmert sich das neue System mit seiner KI. Die Technik dahinter hat Cliqz entwickelt, die Mutterfirma von Ghostery. Cliqz wiederum ist eine Burda-Tochter, die Anfang des Jahres Ghostery übernommen hatte.

Mit dem Release von Ghostery 8 hat das Unternehmen zusammen mit Cliqz die Studie "Tracking the Trackers" veröffentlicht. Deren Ziel war es, "die Risiken der Datensammlung durch Drittanbieter-Tracker für die Privatsphäre zu untersuchen". Das Ergebnis: Auf 8 von 10 Websites (77,4 Prozent) ist mindestens ein Tracker aktiv. Viele Seiten setzen gleich mehrere Tracking-Tools ein: Auf 16 Prozent der Websites erfassen mehr als zehn Skripte, was die Nutzer so treiben. Transparent ist das für den Seitenbesucher in der Regel nicht. Ein kleiner Trost: Nutzer in Deutschland werden "unterdurchschnittlich intensiv getrackt". Das liege laut Autor der Studie auch an der steigenden Nutzung von Piwik, einem Analyse-Tool mit Fokus auf Datenschutz.

Nur 22,6 Prozent der von Ghostery untersuchten Websites haben keine Tracker im Einsatz. Der Großteil nutzt jedoch gleich mehrere dieser Tools, um Nutzerdaten zu erfassen.

(Bild: Ghostery)

Google und Facebook dominieren die Tracker. Am weitesten verbreitet ist das Statistik-Tool Google Analytics mit einem Anteil von 56,4 Prozent; dahinter folgt Facebook Connect mit 21,9 Prozent. Verbreitet sind außerdem weitere Google-Dienste, darunter etwa der "Tag Manager" oder das Werbenetzwerk DoubleClick, das seit 2007 zu Google gehört. Man habe außerdem "tausende Tracking-Skripte" von "sehr zwielichtigen Unternehmen mit fragwürdigen Geschäftsmodellen" gefunden, schreibt Ghostery. Entgehen können die Nutzer den Trackern nur, wenn sie Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.

Weil die Tracker auf so vielen Websites zu finden sind, können sie den Nutzer fast durchs gesamte Web verfolgen und ein umfassendes Profil erstellen. Vor allem für Werbetreibende ist das interessiert: Sie wollen dem Einzelnen möglichst passgenaue Anzeigen ausliefern, damit Klick- und Kaufwahrscheinlichkeit steigen und Streuverluste sinken. Facebook wertet darüber hinaus auch die Tätigkeiten im sozialen Netzwerk aus. Google hat Zugriff auf die Suchanfragen, die der Nutzer stellt. So ergibt sich ein umfassendes Bild. Markiert wird der Nutzer durch einen Cookie mit ID oder über das sogenannte Browser-Fingerprinting.

Besonders problematisch sind sensible Informationen etwa zur sexuellen Orientierung oder den Gesundheitszustand. Ghostery sieht darin "ein immanentes Privatsphärerisiko". Kritisch sind Tracker etwa auf Websites von Banken und Krankenhäusern. Man habe beispielsweise auf einer HIV-Infoseite "zahlreiche Tracker" entdeckt. Sie erfahren auch, wenn ein Nutzer den Button zur Terminvereinbarung anklickt und sich offenbar für eine HIV-Beratung interessiert. Das Beispiel und die Auswertung der Zahlen zeigen, dass die Tracker im Web "omnipräsent sind", so das Fazit der Studie.

Für die Studie hat Ghostery 850.000 Daten von anonymen Nutzern erhoben. Diese Datenspenden im Rahmen des "GhostRank"-Programms sind freiwillig, die Nutzer müssen sich aktiv daran beteiligen (Opt-in). Der Untersuchungszeitraum betrug zwei Wochen im Mai 2017; es wurden dabei mehr als 440 Millionen Seitenaufrufe in zwölf Ländern untersucht. Die komplette Studie "Tracking the Trackers: Analysing the global tracking landscape with GhostRank" steht zum Download bereit. (dbe)