Fr. 17. November 2017 um 15:03

Review: Huawei Mate 10 Pro im Test – So zweischneidig war das Schwert noch nie

von Marcel Laser 0 Kommentare
Lesedauer: 11 Minuten

Das Mate 10 Pro wurde Mitte Oktober vorgestellt, ist nun auf dem Markt erhältlich und die es spalten sich bis heute die Gemüter. Grund dafür ist das Mate 10 welches nicht nur in einigen Teilen eine bessere Ausstattung besitzt, sondern auch günstiger zu haben ist. Noch nie hat Huawei seine Smartphones derart gespalten auf den Markt geworfen und das Mate 10 Pro entpuppt sich ein wenig als kurioser Fall. Wir haben das Gerät getestet, durchaus lieben gelernt und auf der anderen Seite lässt es uns ein wenig mit Unverständnis zurück.

Inhaltsverzeichnis


Ein absolut herausragendes Design, tolle Verarbeitung und endlich wasserfest

Während die letzten Jahre die Mate Serie von Huawei eher ein “Backstein”-Image mit sich brachte, da die Geräte sehr gross und auch dick ausfielen, so ist das Mate 10 Pro erstmals das totale Gegenteil davon. Das Display misst zwar immer noch circa 6 Zoll in der Diagonale, doch ist es durch das 18:9-Format deutlich filigraner. Es ist vor allem auch etwas schlanker geworden, wenngleich dafür etwas länger. Doch ist das Mate 10 Pro mit seinen Massen von 154.2 x 74.5 x 7.9 mm  alles andere als ein Backstein geworden. Die 180 Gramm Gewicht geben euch aber genug Schwere für das wertige Gefühl in die Hand.

 

Die Wahl der Materialien lässt das Gerät extrem hochwertig wirken und reiht es in die Riege der Dual-Glas-Devices ein, denn das Mate 10 Pro kommt auch beim Rücken mit Gorilla Glass daher, während man beim Vorgänger noch auf Aluminium setzte. Interessant ist der Streifen, der als Akzent die Dual-Kamera im Rücken als Highlight einfasst. Er ist in den jeweiligen Modellen etwas dunkler gehalten und kann durchaus als Wiedererkennungsmerkmal gelten. Darunter befindet sich auch der Fingerprintscanner. Durch die abgerundeten Seiten an allen vier Enden des Rückens liegt das Mate 10 Pro zu jederzeit sehr gut in der Hand.

 

Irritierend ist allerdings das Fehlen des Klinkenanschlusses, welcher nun vollständig durch USB-Type-C ersetzt wurde. Das Mate 10 (ohne Pro) besitzt diesen Anschluss noch, was durch die Namensgebung meist noch verwirrender wirken kann. Dafür bringt das Mate 10 Pro aber einen Staub- und Wasserschutz nach IP67-Standard mit. Damit ist es zwar nicht ganz so wasserfest wie das Galaxy S8, steht aber mit den iPhone 8-Modellen und dem iPhone X auf einer Stufe. Wir sind an dieser Stelle froh, dass Huawei den Schritt gegangen ist.

 

Ebenfalls sehr positiv zum hochwertigen Eindruck tragen die an der rechten Seite im Aluminiumrahmen eingefassten Tasten bei. Oberhalb befindet sich die Lautstärkewippe und darunter die geriffelte Standby-Taste. Beide bestehen ebenfalls aus Metall und der Druckpunkt ist schon knackig gewählt. Es klappert am Mate 10 Pro an diesen Stellen nichts. Wenn man mit den Finger gegen den Rücken in der Nähe der Dual-Kamera klopft, hört man allerdings ein vibrieren der Kameras, was aber bei den meisten Smartphones eher normal ist.

Der Kirin 970 ist nicht der erhoffte Wunderprozessor, schnell ist er aber dennoch

Als Huawei auf der IFA 2017 in Berlin Anfang September eine eigene Keynote zum Kirin 970 Prozessor hielt, war der Hype eigentlich kaum noch zu stoppen. Apples A11 Bionic galt zu diesem Zeitpunkt bereits als bisher schnellster ARM-SoC und das mit riesigem Abstand, doch hiess es immer wieder: “lasst uns auf den Kirin 970 warten!”. Nun, jetzt ist er da und wird im Mate 10 und Mate 10 Pro verbaut. Die ersten Leistungstests fallen unserer Ansicht nach aber ernüchternd aus, was vielleicht auch am angekurbelten Hype lag, denn er platziert sich irgendwie zwischen Snapdragon 835 und Exynos 8895. Dennoch ist der Chip alles andere als langsam!

 

Aber alles der Reihe nach: Das Mate 10 Pro ist mit allerlei feinster Technik ausgestattet. Wir können also auf 6 GB RAM und 128 GB internen Speicher zurückgreifen. Letzterer ist allerdings nicht mehr erweiterbar, dafür dürfen zwei SIM-Karten gleichzeitig im 4G-Netz parallel mit LTE Cat.18 funken. WLAN a/b/g/n und ac sind ebenfalls an Bord, genau wie NFC und der traditionell von Huawei verbaute IR-Blaster (Infrarot). Allerdings setzt man nicht auf Bluetooth 5.0 sondern noch auf Bluetooth 4.2 LE. Die Kameras im Rücken knipsen mit 12 + 20 MP und wurden einmal mehr in Zusammenarbeit mit dem deutschen Unternehmen Leica entwickelt, aber dazu später mehr.

 

Dank des Kirin 970 samt der 6 GB RAM bekommt man ein ordentliches Leistungspaket, welches sogar für heutige Verhältnisse Luft nach oben bietet, so wie es eben Highend-Prozessoren dieser Art auch mitbringen sollten. Allerdings fällt der Kirin 970 hinter die Konkurrenz zurück und das teilweise sogar deutlich. In Geekbench ist er einmal knapp vor oder knapp hinter dem Snapdragon 835 zu finden und der Exynos 8895 im Galaxy S8 und Note8 ist immer noch schneller. Das überraschte uns schon sehr, aber angesichts der Zahlen, die Huawei zur Mate 10 Präsentation veröffentlichte vielleicht nicht all zu sehr verwunderlich. Bei der Grafikleistung konnte man allerdings etwas mehr dazu gewinnen und landet eigentlich immer vor dem Qualcomm-Chip. Dem iPhone 8 oder iPhone X mit Apples neuem A11 SoC kann man allerdings in keinem Bereich wirklich das Wasser reichen, braucht es aber auch nicht.

 

Für Spiele, in der von Huawei gewählten FullHD-Auflösung, reicht das Mate 10 Pro mit seinen Leistungsreserven aber allemal, auch wenn das Gerät kurioserweise sehr heiss wird und zwar wirklich richtig heiss im rechten oberen Bereich der Kamera, teils sogar sehr unangenehm. Wird es dort so extrem heiss an einem bestimmten Punkt, drosselt das Mate 10 Pro übrigens die Leistung auf etwas unter 60 Prozent herab, was dann doch zu Einbrüchen der Framerate in Spielen führen kann, wobei das hier stark abhängig vom gewählten Spiel ist.

Kirin 970 und seine NPU, dessen Mehrwert im Alltag kaum bemerkbar ist

Herzstück des Kirin 970 bliebt allerdings die NPU (Neural Processing Unit), die für die “intelligenten” Aufgaben zuständig ist. Alles, was mit maschinellem Lernen zutun hat, übernimmt der kleine, zusätzlich im SoC verbaute Chip. Er soll Bilder und Sprache deutlich schneller und zuverlässiger erkennen, als alle bisher verfügbaren Smartphones. Das ist allerdings schwer zu testen, denn bisher verstehen uns alle Smartphones relativ gleich gut. Das Mate 10 Pro bietet hier keine Ausnahme. Wirklich erkennbar wird die Intelligenz aber dann beim Verwenden der Kamera, wo sie Szenen automatisch und das rasend schnell noch im Fokus wiedererkennen kann.

 

Insgesamt ist der Kirin 970 ein absoluter Flaggschiff-Prozessor, er siedelt sich oben an, allerdings ohne die Grafik- und CPU-Leistung des Exynos 8895 der Galaxy S8 oder Galaxy Note8 Modelle zu übertreffen. Ob der KI-Chip am Ende den Unterschied ausmacht, konnten wir nicht feststellen und es macht sich auch im Alltag (noch?) nicht all zu sehr bemerkbar. Das kann sich aber ändern um so mehr dieser sich auf euch einstellen kann. Am Ende bleibt abzuwarten, wie schnell das alles dann funktioniert.

Sehr gutes AMOLED-Display, allerdings nicht Spitzenreiter

Wie von Huawei gewohnt, kann man auch beim Mate 10 Pro sagen: “Ja… Huawei kann Displays einfach”. Auch im Mate 10 Pro wird wieder ein sehr gutes Display verbaut, welches auf AMOLED-Technik basiert und rund 6 Zoll misst. Bei der Auflösung geht man eher den stromsparenden Weg und setzt auf ein FullHD-Panel, welches aufgrund des länglichen 18:9-Formates 2160 x 1080 Pixel entspricht. Generell bescheinigen wir dem Mate 10 Pro Display eine sehr gute Leistung, doch liegt es im Vergleich der Konkurrenz zurück.

 

Der grösste Konkurrent des Huawei Mate 10 Pro ist vor allem das Galaxy Note8, auch wenn beim Displayvergleich während der Präsentation seltsamerweise immer nur das iPhone herangezogen wurde und dann auch noch immer das iPhone 8 Plus mit LCD-Technik. Das Mate 10 Pro AMOLED-Panel hingegen schafft es nicht am Galaxy Note8 Display vorbei. Hierfür fehlt dem Mate 10 Pro einfach die Leuchtkraft (es ist stellenweise bedeutend dunkler als das Note8).

 

Das Mate 10 Pro Display kann in den Einstellungen zwischen “Lebendig” und “Standard” eingestellt werden. Der Standard-Wert hat einen hervorragenden und sehr natürlichen Kontrast ohne einem die Farben all zu übersättigt ins Gesicht zu klatschen, danke dafür übrigens. Allerdings ist im Standard-Betrieb die Helligkeit mit knapp über 420 nits auch schon Schluss und das merkt man dann leider vor allem im direkten Sonnenlicht, auch wenn die Farbwiedergabe exzellent erscheint.

 

Stellt man auf “Lebendig”, sprudeln die Farben nur so aus dem Display heraus und der Kontrast übernimmt die klare Oberhand, aber auch das Display nimmt extrem an Leuchtkraft zu und soll laut Huawei über 620 nits erreichen. Optisch gesehen ist das Galaxy Note8 aber immer noch deutlich darüber. Auch das Galaxy S8+ ist hier immer noch ein wenig heller einzustufen. Lasst euch aber vom enormen Vorsprung des Galaxy Note8 nicht täuschen, auch das Mate 10 Pro ist sehr gut im Sonnenlicht bei exzellenter Farbwiedergabe ablesbar, sofern ihr die Einstellung auf “Lebendig” gewählt habt.

 

Was wir aber wirklich interessant finden, ist der Fakt, dass Huawei die Auflösung tatsächlich bei maximal FullHD belässt. Das etwas günstigere Mate 10 Modell kommt mit QHD und somit auch mit 2560 x 1440 Pixel (16:9) daher. Damit geht man an dieser Stelle einen Weg, der das Gerät klar von der Spitze trennt, denn die meisten Konkurrenzmodelle bieten eine höhere Auflösung (iPhone X, Galaxy S8 und Note8, LG V30, HTC U11 etc). Dennoch stellt sich FullHD bei dieser Grösse als scharf genug heraus. Vermisst haben wir QHD an dieser Stelle also nicht.

Das Display ist wirklich toll. Sehr gute Farbwiedergabe, und eine ordentliche Helligkeit. Da stört auch “nur FullHD” nicht wirklich.

Starke Kamera mit der immer wieder selben Schwäche: Schwaches Licht

Huawei steht nun seit einigen Jahren zusammen mit den guten Smartphone-Kameras der Topmodelle auf einer Stufe und bringt mit dem Monochromsensor sogar ein eigenes Feature mit. Zwar konnte man Samsung nie wirklich vom Thron stossen und HTC ist seit dem HTC U11 ebenfalls wieder hoch im Kurs, doch verstecken musste sich das Unternehmen nie. Weit weg war man also nicht, sondern eher verdammt nahe dran.

 

Das gilt auch wieder für die Kamera des Mate 10 Pro. Einmal die Daten in harten Zahlen auf den Tisch: Die Kamera ist als Dual-Cam ausgelegt und knipst mit zwei unterschiedlichen Sensoren. Der Hauptsensor ist der Farbgeber und löst mit 12 MP auf. Der zweite Sensor ist der aus der Serie bekannte Monochromsensor, nimmt Bilder mit einer Auflösung von 20 MP auf und wie der Name vermuten lässt in reinem Schwarzweiss. Letzterer unterstützt entweder den Farbsensor beim Zoom, beim Aufhübschen der Bilder oder schiesst eben einzeln sehr gute Schwarzweissbilder. Beiden Sensoren sitzen übrigens hinter einer sehr leuchtstarken f/1.6 Blende. Der RGB-Sensor hingegen darf zusätzlich auf einen optischen Bildstabilisator setzen und der Monochromsensor leider nicht.

 

Erst einmal die wirklich guten Eigenschaften: Bei klarem Licht sind die Bilder herausragend. Sie sind sehr detailreich, klar strukturiert und der Weissabgleich funktioniert hervorragend. Auch bei HDR kann die Kamera glänzen und macht dunklere Bereiche teils deutlich sichtbar ohne aber zu übertreiben. Gedankt sei es hier dem unterstützenden Monochromsensor. Das Farbbild wirkt allerdings an einigen Stellen etwas unnatürlich, was an der leicht übertriebenen Darstellung liegt, aber es ist schliesslich was fürs Auge, die einen mögen so etwas, andere wiederum wünschen sich eher mehr natürlichere Farben. In farbenreichen Jahreszeiten wie dem bisherigen goldenen Herbst, den wir gerade erleben, ist das Mate 10 Pro tatsächlich ein kameratechnischer Augenschmaus.

Was aber bei genauerem Hinschauen recht schnell auffällt, ist die extrem aggressiv greifende Schärfung der Bilder. Diese führt vor allem in detailreicheren Gegenden und an den Kanten von Objekten zu Artefaktbildung. Eine derart greifende “Überschärfung” haben wir bei Huawei so noch nicht gesehen. Wir hoffen an dieser Stelle, dass da per Softwareupdate noch nachgebessert wird, da das absolut kein Problem der Hardware ist. Interessanterweise finden wir im Bereich der Schärfe die Bilder des Vorgängersmartphones ausgewogener. Das Mate 9 lässt hier teils deutlich weniger Artefaktbildung erkennen und die Objekte verschwimmen an den Rändern somit auch nicht.

 

Ebenfalls keine Paradedisziplin ist trotz der sehr hohen Blendenkonfiguration von f/1.6 die Fotoqualität bei schwächeren Lichtverhältnissen. Wir finden die Bilder generell besser als beim Vorgänger, doch schwankt die Qualität je nach Situation teilweise enorm und wir können uns das eher nicht erklären. Einerseits sind die Bilder auch Nachts noch sehr detailreich und weisen kein all zu extremes Rauschverhalten auf, doch hatten wir zwischendurch auch ein ganz anderes Bild vorliegen, wo das Rauschen extrem in den Vordergrund trat und somit einzelne Details eher verschwommen dargestellt wurden, selbst bei grösseren Objekten im Vordergrund.

 

Noch zu erwähnen gilt, dass der Kirin 970 mit der eingebauten NPU auch beim Fotoknipsen zum Einsatz kommt. Hier erkennt er unterschiedliche Szenerien und soll je nach Bedingung sogar die perfekten Einstellungen wählen. Dafür wurde der Chip bereits von Haus aus mit Millionen von unterschiedlichen Bildern gefüttert und “angelernt”. Und siehe da, im Sucher der Kamera sieht man recht deutlich, dass dieser das Szenario wirklich wahrnimmt. Haltet ihr den Fokus auf einen Baum, erkennt er die Pflanze, bei einer Katze erkennt er Katzen oder auch Hunde kennt die neue NPU. Selbst Essen erkannte er ohne Probleme, egal ob Sushi, Spaghetti, Pizza oder Gulaschsuppe. Die Genauigkeit ist mehr als nur beeindruckend.

 

Nun aber zu einem Punkt, der uns Rätsel aufgibt, denn wir haben kaum eine Ahnung, was das Gerät denn überhaupt macht. So haben wir ein Bild von einem Baum geknipst, einmal mit KI-Erkennung und einmal ohne… und was sollen wir dazu nun sagen, wir sehen selbst bei vollem Zoom auf das Bild keinen einzigen Unterschied. Auch beim Essen wurde nicht wirklich etwas an der Qualität vom Foto geändert. Es wäre also hilfreich zu wissen, was da überhaupt genau passieren soll, wenn die KI das Bild erkennt. Angeblich sollen ja die besten Einstellungen gewählt werden, aber anscheinend bekommt der Automatikmodus dieses auch alleine hin. Wir sind an dieser Stelle etwas ratlos über den Sinn der NPU.

Im Rücken versteckt sich eine grosse 4’000 mAh Batterie, die euch zuverlässig auch durch mehrer Tage bringen kann.

Akkulaufzeit bombastisch: Drei Tage unter normaler Nutzung ist realistisch

Huawei versprach zwei Tage bei stärker Nutzung mit dem Huawei Mate 10 Pro, was eine enorm gewagte Messlatte wäre. Eigentlich bekommen wir in einem normalen Tagesablauf fast alle Smartphones in die Knie, aber wir arbeiten damit auch nahezu durchgehend: Viel Facebook, Outlook, Google, Twitter, gerne auch mal Spiele und andere Dinge und das von Morgens bis Abends. Grade ich muss hier einmal persönlich einhaken und mich als exzessiven Smartphone-Gamer outen. Mich interessieren die Laufzeiten dann schon sehr unter diesen Bedingungen.

 

Huawei verbaut einen 4’000 mAh fassenden Akkumulator und setzt vor allem auf seinen KI-Chip im Kirin 970, um die Energieverwaltung in den Griff zu bekommen und entsprechend zu verteilen. Auch hier wissen wir in erster Linie nicht, was die NPU im SoC genau macht, doch können wir eine herausragende Akkulaufzeit bestätigen. Übrigens verbaut Huawei seine neue Schnellladetechnik, die allerdings einen kleinen Haken mit sich bringt: Diese kann nur mit dem mitgelieferten Netzteil und Kabel voll ausgeschöpft werden. Wer also seinen Akku in rund 20 Minuten auf über 50 Prozent laden will, braucht beides, um dieses Szenario zu erreichen.

 

Einen ganzen Tag lang mit maximaler Helligkeit surfen oder mindestens 14 Stunden Videos schauen: Das schlägt sogar unseren bisherigen Spitzenreiter – das Mate 9 – und unter normaler Nutzung (für meine eigenen Verhältnisse versteht sich) schafft das Mate 10 Pro auch gerne Mal drei Tage! Allerdings musste unser Testgerät am dritten Tag dann im Laufe des späteren Nachmittags an den Strom, was aber absolut verschmerzbar ist. Sollte man tatsächlich einer von den so oft während der Präsentation angesprochenen “Heavy-User_innen” sein, dann hält das Mate 10 Pro tatsächlich locker einen ganzen Tag, wenn nicht sogar zwei davon durch!

 

Um noch einmal meinen persönlichen Ablauf mit einzubringen, wollte ich das Mate 10 Pro vor allem beim Spielen testen. Arena of Valor, Summoners War, Pokémon GO, Star Wars: Heroes und Real Racing 3, Final Fantasy VII und Oceanhorn sind dauernde Wegbegleiter auf nahezu allen Smartphones von mir. Das Mate 10 Pro meistert auch hier die Disziplin mit herausragenden Laufzeiten. So schaffte ich gut zwischen 6 und 8 Stunden beim Dauerzocken bei mittlerer Helligkeit. Das beeindruckt den Gamer in mir dann doch ohne jeden Zweifel.

Fazit: Nie war ein Schwert zweischneidiger als das Mate 10 Pro

Das Huawei Mate 10 Pro ist ein höchst aussergewöhnliches Smartphone. Allerdings lohnt es sich, den Blick zwei oder gar dreimal über das vorhandene Hardwarematerial laufen zu lassen, denn es gibt Punkte, die den Namenszusatz Pro einfach nicht verdienen und in einem krassen Kontrast zum “kleinen” Brüderchen Mate 10 stehen. Aber rollen wir den Teppich von Vorne auf.

 

Die 6 GB RAM und 128 GB interner Speicher sind eine Ansage an bisherige Modelle mit weniger verbautem Speicher in der Highend-Kategorie und die Kamera macht wirklich hervorragende Bilder. Auch bei der Leistung muss sich das Mate 10 Pro dank Kirin 970 nicht verstecken und der KI-Chip macht zumindest bei der bisher besten Akkuleistung in einem Smartphone einen nahezu herausragenden Job. Trotz fehlendem QHD ist das AMOLED-Display ein hingucken und weiss ebenfalls, auch dank HDR10-Unterstützung, zu überzeugen. Und es ist schön zu sehen, dass 18:9 als AMOLED-Panel auch ohne abgerundete Ränder funktioniert. Danke Huawei!

 

Allerdings verstehen wir die Wegrationalisierung des Klinkenanschlusses und microSD-Slots nicht. Zwei Punkte, die in einem krassen Kontrast zum “Pro” im Namen stehen und das normale Mate 10 ohne Pro aufbieten kann. Der neue KI-Chip im Kirin 970 ist ja eine tolle Idee, aber bis auf die bessere Akkuleistung (sofern er da überhaupt etwas macht) ist er im Alltag nahezu gar nicht spürbar, weder in Leistung noch bei der Kamera. Insgesamt ist die Leistung des Kirin 970 nicht wirklich beeindruckend, denn viel schneller als sein Vorgänger ist er nicht und liegt vielleicht auf Augenhöhe mit dem Snapdragon 835, kommt aber an Samsung nicht vorbei und an Apples Chip leider nicht einmal im Ansatz ran.

 

Kurioserweise kommt hinzu, dass das Mate 10 (ohne Pro) in vielen Belangen besser abschneidet: QHD-Auflösung beim Display, Klinkenanschluss, microSD-Slot zur Speichererweiterung und auf dem Blatt Papier eigentlich alle weiteren Vorteile des Mate 10 Pro liefert. Es fehlt lediglich die AMOLED-Technik im Panel und das Mate 10 ist nicht nach IP67 vor Wasser und Staub geschützt, dafür kostet es aber mehr als 100 Euro und/oder Schweizer Franken weniger. Ärgerlich: Das Mate 10 ist in der DACH-Region nicht erhältlich und es steht in den Sternen, ob dieses überhaupt zu uns kommen wird. Eine Alternative aus dem eigenen Haus gibt es also nicht.

 

Wer also bei Huawei auf den Zug der grossen Flaggschiff-Generation des Herstellers aufsteigen will, kommt am Mate 10 Pro also nicht vorbei, denn etwas besseres findet man beim Hersteller in punkto Technologie derzeit nicht und an sich ist das neue Mate 10 Pro Modell auch ein wirklich sehr gutes Smartphone. Wer ein Mate 9 sein eigen nennt, sollte aber von einem Upgrade absehen oder sich nach dem Kauf in einigen Bereichen dann doch einschränken (Klinke, microSD). Denn man macht zwar einen Schritt vorwärts, aber in einigen Punkten auch wieder zurück.

 

Das Mate 10 Pro ist für uns daher die fleischgewordene Schizophrenie der Smartphonebranche, verpackt in einer herausragenden Hülle. Wer generell eine sehr gute Smartphone-Kamera sucht und die bisher beste Akkulaufzeit in einem Smartphone mitnehmen will, wird das Mate 10 Pro definitiv lieben. Auch beim Display macht man trotz FullHD nicht wirklich etwas falsch. Aber ob die restlichen Punkte die im Vergleich zum letzten Jahr aufgesetzte Preiserhöhung auf rund 800 Euro UVP rechtfertigen, halten wir für fraglich. Eine so hemmungslose Empfehlung, wie wir sie für das Mate 9 noch ausgesprochen haben, ist hier mehr als schwierig.

 

Eine bessere Kamera und Display, ein microSD-Slot und ein Klinkenanschluss finden sich im Note8, dieses kostet aber auch in der UVP rund 1000 Euro und damit mehr. Die nächste günstigere Alternative wäre hier das Samsung Galaxy S8+, welches im freien Handel bereits für unter 600 Euro zu finden ist und viele der Schwachstellen des Huawei Mate 10 Pro ausbügeln kann. Allerdings muss man sich dann auch mit dem Edge-Display anfreunden können. Ansonsten ist das Mate 9 auch weiterhin ein sehr gutes Smartphone und darf ebenfalls in die engere Auswahl mit einbezogen werden, vor allem schon deswegen, weil dieses auch Android 8.0 mit EMUI 8.0 als Oberfläche bekommen wird.

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