Mehr als elf Jahre nach dem offiziellen Start ist die Zukunft der elektronischen Gesundheitskarte höchst ungewiss. Ist die Einführung gescheitert?

LauterbachNein, die Karte steht nicht vor dem Aus. Sie ist ein wesentlicher Beitrag zur Modernisierung unseres Gesundheitssystems. Wir haben massive Informationsverluste von Arzt zu Arzt. Viele Mediziner wissen nicht, wie die Patienten bereits von Kollegen behandelt worden sind. Die Gesundheitskarte würde die Transparenz in unserem System massiv verbessern. Dagegen gibt es Widerstand bestimmter Krankenkassen und der Ärzteschaft. Die elektronische Karte wird das Gesundheitssystem verbessern und wirtschaftlicher machen.

Die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist aber eine unendliche Geschichte. 2004 fiel der Startschuss, heute ist die Karte noch immer nicht im Einsatz. Woran liegt es?

LauterbachDas stimmt. Das liegt daran, dass die elektronische Gesundheitskarte und die damit verbundene Transparenz von den beteiligten Partnern der Selbstverwaltung nicht gewünscht wird. Einige Kassenärztliche Vereinigungen wollen nur, dass das Geld fließt, ganz gleich wie behandelt wird. Einige Krankenkassen haben auch die unberechtigte Sorge, dass mit der Karte höhere Kosten verbunden sein werden. Das Gegenteil ist der Fall. Einigen Kassenvertretern fehlt auch die Vision. Die Partner der Selbstverwaltung müssen jetzt zum Jagen getragen werden. Gesundheitsminister Gröhe ist jetzt gefordert. Er darf sich diese Blockade der Kassenärztlichen Vereinigungen nicht bieten lassen. Einige wollen offenbar keine Transparenz.

Es heißt, die Bundesregierung werde die Pläne für die elektronische Gesundheitskarte nach der Bundestagswahl aufgeben. Rechnen Sie auch damit?

LauterbachNein, das ist abwegig und wäre ein Riesenfehler. Wir haben in Deutschland bei Ärzten, Praxen und Kliniken sehr viel mehr Anbieter als viele andere Länder. Das ist gut für die Patienten. Die Transparenz im System sollte dafür aber umso größer sein. Die Gesundheitskarte ist heute wichtiger denn je. Ohne die Einführung der Karte wird unser Gesundheitssystem in vielen Bereichen eine Black Box bleiben. Dann bekämen die Patienten nicht die Versorgung, die ihnen zusteht.