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Politik

"Keine Selbstmordgefahr" bei Al-Bakr

13. Oktober 2016

Vor dem Selbstmord Al-Bakrs sah Sachsens Justiz keine Suizidgefahr und kontrollierte nur halbstündlich - obwohl der Terrorverdächtige Nahrung verweigert und sich an einer Steckdose zu schaffen gemacht hatte.

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Deutschland Terrorverdächtiger Al-Bakr erhängt in Zelle aufgefunden
Die Justizvollzugsanstalt LeipzigBild: picture-alliance/dpa/S. Willnow

Die Selbsttötung des terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in einem Leipziger Gefängnis hätte aus Sicht des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow nicht geschehen dürfen. "Das hätte nicht passieren dürfen. Es ist aber leider geschehen", sagte Gemkow auf einer Pressekonferenz in Dresden. Al-Bakr habe sich mit seinem Hemd an einem Gitter stranguliert. Die Leiche des 22-Jährigen werde derzeit obduziert.

Albakr erhängte sich mit seinem Hemd

Nach jetzigem Stand habe man alles getan, um einen Suizid zu verhindern, beteuerte der CDU-Politiker. Es sei "keine akute Selbstmordgefahr des Beschuldigten festgestellt" worden. Eine Vollzugsbeamtin habe dann aber am Mittwochabend gegen 19.45 Uhr bei einer Kontrolle festgestellt, dass sich Al-Bakr selbst getötet habe.

Es werde allen Hinweisen auf mögliches Fremdverschulden nachgegangen, sagte Sachsens Generalstaatsanwalt Klaus Fleischmann. Die Situation in der Zelle sei nach der Selbsttötung und durch die Reanimationsversuche "nicht mehr ganz hundertprozentig zu klären" gewesen.

Der Leiter der Justizvollzugsanstalt, Rolf Jacob, sagte, Al-Bakr sei in seiner Gefängniszelle zunächst alle 15 Minuten kontrolliert worden. Am Mittwochnachmittag sei dann aber eine Runde von Experten und Psychologen zu dem Ergebnis gekommen, dass man die Kontrollen in einem Zeitabstand von 30 Minuten vornehmen könne. Die hinzugezogene Psychologin habe keine Erfahrung mit Terroristen besessen.

Gemkow: Al-Bakr hat sich selbst das Leben genommen

Al-Bakr habe während der gesamten Zeit die Nahrungsaufnahme verweigert und lediglich einmal einen Becher Wasser entgegengenommen, sagte Jacob. Ob er ihn getrunken habe, wisse man nicht.

Der Häftling meldete am Dienstag eine abgerissene Deckenlampe in seiner Zelle, sagte der JVA-Chef weiter. "Man hat das als Vandalismus eingestuft", sagte Jacob. Im Sinne einer Suizidgefährdung sei das nicht gedeutet worden. Später sei bemerkt worden, dass auch eine Steckdose manipuliert gewesen sei. Nachdem die Manipulationen an Lampe und Steckdose festgestellt worden seien, sei der Terrorverdächtige aber weiter ruhig und sachlich geblieben.

In der Leipziger Haftanstalt seien auch früher Selbsttötungen vorgekommen. Den Terrorverdächtigen in einem besonders geschützten Haftraum unterzubringen, sei aber nicht für notwendig gehalten worden. Bei seiner Einweisung ins Gefängnis sei Al-Bakr kein Dolmetscher zur Seite gestellt worden, sagte Jacob.

Justizminister Gemkow sagte, er übernehme die politische Verantortung für das Geschehen. Einen Rücktrittsgrund sehe er aber nicht.

Al-Bakr war am Montag in Leipzig festgenommen worden. Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte der anerkannte Flüchtling einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant und bereits weitestgehend vorbereitet.

stu/se (afp, dpa, rtr, phoenix)