Gesundheitspolitik:Ärzte sollen bluten

Drakonische Strafen für Ärzte, die Kassenpatienten schlechter behandeln: Die SPD-Bundestagsfraktion geht dahin, wo es auch Medizinern weh tut - ans Geld. Und an die Zulassung.

Guido Bohsem, Berlin

Wer als niedergelassener Arzt Privatpatienten bevorzugt behandelt, soll nach Willen der SPD empfindlich bestraft werden. In einem von der Bundestagsfraktion ausgearbeiteten Gesetzesentwurf sprechen sich die Sozialdemokraten für Geldbußen von bis zu 25.000 Euro für Mediziner aus, die Kassenpatienten zu lange auf einen Behandlungstermin warten lassen. Einen Entzug der Zulassung von bis zu zwei Jahren sehen die Parlamentarier zusätzlich vor.

125 Jahre GKV - Arztpraxis

Der Nächste bitte: Kassenpatienten müssen beim Arztbesuch Geduld mitbringen.

(Foto: dpa)

Gut 70 Millionen Deutsche haben einen gesetzlichen Versicherungsschutz. Nur etwa zehn Millionen sind Kunden der Privaten Krankenversicherung (PKV). Oft bekommen die privat Versicherten schneller Termine bei Fachärzten und sitzen weniger lange im Wartezimmer. Das liegt daran, dass die PKV die Leistungen der Ärzte zum Teil deutlich besser honoriert.

Dadurch gebe es in Deutschland eine Zweiklassenmedizin, argumentiert der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Die von seiner Fraktion vorgelegten Gesetzesvorschläge sollen dies ändern. "Mit der Tätigkeit als Vertragsarzt ist eine Diskriminierung gesetzlich Krankenversicherter nicht vereinbar", heißt es in der Begründung des Vorhabens. Mit der Neuregelung würden die niedergelassenen Ärzte vielmehr verpflichtet, gesetzlich Versicherte vorrangig zu behandeln.

"Im Regelfall sind Wartezeiten von mehr als fünf Werktagen als unangemessen anzusehen", heißt es weiter. Ausnahmen gebe es nur, wenn die Untersuchung nicht so häufig angeboten werde und es tatsächlich Kapazitätsprobleme gebe. Habe sich der Versicherte vergeblich um einen Termin bemüht, müsse künftig seine Krankenkasse einspringen und ihm einen besorgen. Dazu erhalten Barmer, AOK und die anderen Kassen nach Willen der SPD eigene Kontrollbefugnisse. So dürften sie etwa durch fingierte Testanrufe in den Praxen überprüfen, ob Privatpatienten schneller an einen Termin beim Doktor kommen.

Längerfristig strebt die SPD an, den Medizinern jeden Anreiz zu nehmen, Kassenpatienten schlechter zu behandeln als privat Versicherte. "Wir streben ein einheitliches Honorierungs-System an, in dem Ärzte für jeden Patienten das gleiche bekommen", sagt Lauterbach.

Mehr Leistungen auch im Krankenhausbereich

Mehr Leistungen für gesetzlich Versicherte will die SPD aber auch im Krankenhausbereich durchsetzen: Mit dem Gesetzesentwurf wollen sie Zweibettzimmer zum Standard in den deutschen Kliniken machen. Drei- oder Vierbettzimmer sollen demnach auch weiterhin erlaubt sein. Wer sie anbietet, müsse aber mit weniger Geld von den Kassen rechnen. Um die Krankenhaus-Hygiene zu verbessern, will die SPD den Kliniken vorschreiben, die Zahl und Art der Infektionen zu veröffentlichen, im Internet und gut lesbar am Eingangsbereich.

Die sozialdemokratischen Vorschläge sind weitgehend deckungsgleich mit denen des CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn. Die FDP lehnt die meisten Punkte kategorisch ab. Lauterbach bietet der Union deshalb die Zusammenarbeit mit der SPD an. Gemeinsam könnten Union und SPD die Vorhaben gegen Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) durchsetzen. "Ich gehe fest davon aus, dass die Union unsere Vorschläge unterstützt."

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