Eliten-Marketing

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Auf den NachDenkSeiten beschäftigen wir uns regelmäßig mit der Frage, dass und wie es unseren sog. „Eliten“ gelingt, Netzwerke zu knüpfen und über sog. „Meinungsführer“ und PR-Strategien (Kommunikation) die öffentliche Meinung und die Politik nach ihren Interessen zu beeinflussen und zu prägen. Wenn wir hinter interessensbezogenen Entscheidungen, wie z.B. die Privatisierung der Altersvorsorge oder der Bahn den undemokratischen Einfluss mächtiger Interessengruppen und ihrer PR- und Marketing-Strategien erkennen, wird uns von den von uns Kritisierten vorgehalten, wir seien „Verschwörungstheoretiker“.
Wir sind deshalb äußerst dankbar, dass jetzt von Torsten Oltmanns »Principal und Global Marketing Director«, Christiane Diekmann, „Brand Strategist“ und Vera Böhm, Spezialistin für strategisches Marketing- und Medienmanagement, alle beschäftigt bei Roland Berger Strategy Consultants das Buch „Eliten-Marketing – Wie Sie Entscheider erreichen“ [PDF – 1.6 MB] herausgebracht wurde. Dort finden Sie Vieles bestätigt, was wir durch mühselige Analysen täglich herausarbeiten müssen. Was wir als „politische Korruption“ bezeichnen, nennt sich dort allerdings „Eliten-Marketing“. Wolfgang Lieb

“Eliten erreichen – Marketing für Entscheider” befasst sich mit der wertvollsten, einkommensstärksten und machtvollsten Bevölkerungsgruppe Deutschlands: Den Entscheidern“. So werben die Autoren für das Buch.

Wer sind nun diese Entscheidungs-Eliten?
„Als Entscheider bezeichnen wir diejenigen Personen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, die in der Lage sind, Aufgaben zu definieren, Lösungen auszuwählen und Ressourcen für diese Prozesse zuzuweisen, wobei ihre Entscheidungen nicht nur ihr unmittelbares Umfeld berühren.“
„Genau dieser Personenkreis verfügt über die Macht, Aufgaben zu definieren, die zur Lösung notwendigen Ressourcen zuzuweisen und die praktische Umsetzung zu überwachen.“

Das Buch soll zeigen wie man diese Entscheidungs-Eliten „von Meinungen, Produkten und Dienstleistungen überzeugt, die sie im Namen ihrer Organisation vertreten, kaufen oder nutzen sollen.“ Die „wirksame Ansprache der Entscheider“ sei dabei natürlich „immens wichtig“, der „kurze Draht“ zu den Führungskräften in Verwaltung, Politik oder Unternehmen könne über den nächsten Auftrag entscheiden.

Dabei sei es wichtig, wie sich „Entscheider für die eigenen Ziele gewinnen und von den eigenen Interessen überzeugen lassen.“ Dies gelte für Forschungseinrichtungen, die um Drittmittel werben, ebenso wie für einen Finanzminister.

„Die zentrale Ressource in diesem Wettbewerb um Einfluss ist die Kommunikation, ihre wesentlichen Elemente sind Informationen (Content) und Beziehungen (Contact)“, fassen die Autoren ihr Eliten-Marketing-Konzept zusammen.
D.h., um seine Meinungen, seine Dienstleistungen wirksam an die Entscheider heranbringen zu können, muss man die passenden Informationen kommunizieren und ein Beziehungsgeflecht oder am besten einen kurzen Draht zu den Entscheidern aufbauen.

Für NachDenkSeiten-Leser und Leserinnen ist das eigentlich recht banal. Sie können solche Formen der Einflussnahme auf politische Entscheidungen nahezu täglich nachlesen.
Interessant daran ist eigentlich nur, dass das von den Roland Berger-Leuten ganz offen ausgesprochen wird.

Ich habe – zugegebenermaßen – nur die Werbung für dieses Buch gelesen. Es durchzulesen, lohnt sich vermutlich nicht, denn darin werden offenbar nur einige der harmlosen und deshalb ganz offen gehandelten Methoden nur einer Lobbygruppe, nämlich der sog. Politikberater angesprochen.

Die viel effektiveren Praktiken der politischen Einflussnahme, wie die Vergabe von Beratungsverträgen, Aufsichtsratsmandaten oder die Übernahmeversprechen beim Ausscheiden aus dem Amt kommen wohl nicht vor. Genauso wenig die Methoden der Meinungsbeeinflussung über sog. „Forschungsaufträge“ an „Wissenschaftler“, der Einsatz von PR-Agenturen zur Meinungsmanipulation mit viel Geld, wie z.B. bei der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Auch die Beeinflussung der Medien über die Veranstaltung von Events oder die Lieferung von PR-Beiträgen zum Abdruck will man offenbar noch nicht auf dem offenen Markt behandeln. Und nicht zuletzt bleibt die inzwischen weit verbreitete direkte Korruption ausgespart.

Wer die NachDenkSeiten liest braucht keine Nachhilfe, wie das „Eliten-Marketing“ bei uns funktioniert und dort werden auch die Methoden, wie „Entscheider erfolgreich anzusprechen“ sind, offen gelegt.
Nur wir nennen dieses „Eliten-Marketing“ beim Namen und sprechen von „politischer Korruption“.

Ob es den Roland-Berger-Marketing-Beratern je in den Sinn gekommen ist, dass Minister in ihrem Amtseid schwören, ihre Kraft „dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen“ und dass Beamte (übrigens aus Professoren) schwören „Gerechtigkeit gegenüber jedermann zu üben“. Ob die Autoren überhaupt noch darüber nachdenken, dass wir in einer Demokratie leben und nicht in einer Feudalherrschaft von selbst ernannten „Eliten“.